Archive for September 2011
Der Heilige Blinddarm (Teil 2)
„Also, ich finde das irgendwie echt total Scheiße, was die da machen in Spelunkistan!“ sagt der Frieder und fährt fort: „Du kannst einem Menschen doch nicht einfach so Mir-nichts-Dir-nichts eine lebensnotwendige medizinische Behandlung verwehren!“
„Nee, das kannste so nicht sehen,“ wirft der Freddy ein, „das musste schon mal ein Stückweit differenziert betrachten: Du kannst doch nicht erwarten, dass ein Arzt gegen sein Gewissen, also ich meine, ey, so gegen seine ur-innerste Überzeugung handelt…“
„…und damit einen Menschen umbringt?“ Der Frieder verzieht das Gesicht zu einem Grinsen.
„Nee, weißte, vielleicht hat er doch einfach Recht!“ sagt der Freddy.
„Recht womit?“
„Also, ich meine ey,“ der Freddy räuspert sich, „vielleicht hat der Arzt da einfach schlechte Erfahrungen gemacht. Vielleicht ist da einfach mal ein Patient nach einer Blinddarmoperation gestorben und dann…“
„Ich dachte, die hätten die weltbesten Chirurgen da in Spelunkistan!“
„Auch ein Weltbester Chirurg kann mal Fehler machen. Aber darum geht es ja gar nicht. Diesen esoterischen Flip-Floppern, denen ist der Blinddarm einfach heilig. Und ich finde, das sollte man respektiern. Echt jetzt…“
„Und zulassen, dass die ihre Patienten umbringen?“
„Die bringen ja niemandem um…“
„Sie verweigern eine lebensrettende Behandlung. Das ist unterlassene Hilfeleistung. Tötung durch Unterlassung. Wenn Du Dir sowas hierzulande leistest, dann bist Du dran!“
„Aber bei denen ist das halt anders. Der Blinddarm ist heilig. Ein Mensch ohne Blinddarm hat keine Seele mehr. Ein Mensch ohne Blinddarm ist nur noch eine leere Hülle und viel toter als tot…“
„ABer das ist doch Quatsch…“
„Nee, nicht für die Angehörigen der esoterischen Flip-Flops…“
„Wir drehen ums im Kreis!“
„Das ist immer so bei religiösen Debatten. Da kannste einfach nicht diskutieren. Das musst Du jetzt einfach mal so akzeptieren!“
Gewissensgründe gegen Appendektomie
Der Herr Doktor lächelt.
Der Patient nicht, denn er hat Schmerzen. Wahnsinnige Schmerzen.
Einen Druckschmerz im rechten Unterbauch mit Peritonismus, natürlich klassischer Loslasschmerz, Fieber und alles was dazu gehört.
„Helfen Sie mir doch, Herr Doktor!“ röchelt er.
Der Herr Doktor lächelt immer noch.
„Ich beglückwünsche Sie!“ sagt er mit sanfter Stimme.
Der Patient starrt ihn verständnislos an.
„Ich beglückwünsche Sie!“ sagt der Herr Doktor, „denn Sie haben eine akute Blinddarmentzündung.“
„Das heisst… ich muss operiert werden?“
Der Herr Doktor lächelt milde und schüttelt den Kopf.
„In anderen Teilen der Welt… vielleicht. Aber nicht bei uns in Hinter-Nieder-Ost-Spelunkistan.“
„Gibt’s hier denn keine Chirurgen?!“
„Natürlich gibt es hier Chirurgen. Unsere Chirurgen gehören sogar zu den besten der Welt!“
„Aber…?“
Der Herr Doktor runzelt die Stirn.
„Sie sind nicht von hier, oder?“
Der Patient schüttelt den Kopf.
„Dann wird es Zeit, dass ich Ihnen ein paar Dinge erzähle über Hinter-Nieder-Ost-Spelunkistan. Wie Sie vielleicht wissen, sind wir hier sehr religiös…“
Er macht eine bedeutungsvolle Pause.
„…und zwar gehört die Mehrheit der Bevölkerung der Religionsgemeinschaft der kristallesoterischen Flip-Flops an. Und nach unserer religiöser Überzeugung ist der Blinddarm – oder genauer gesagt der Wurmfortsatz des Blinddarms – der Sitz der Seele. Und sie können einem Menschen doch schließlich nicht die Seele herausreißen…“
„Und das bedeutet…?“
„Das bedeutet, wenn Sie jetzt an einer Blinddarmentzündung sterben sollten, dann werden Sie unmittelbar in die ewige Glückseligkeit eingehen. Und dazu beglückwünsche ich Sie ganz herzlich!“
Äh… falscher Film?
Nee… nicht ganz!
Manchmal ist Spelunkistan verblüffend nah….
Homöopathische Arzneimittel fachgerecht entsorgen…
…ist gar nicht so einfach, wie Marabu vom Skeptiker-Blog feststellt:
Durch die Verdünnung, etwa durch Reinigungsverfahren (insbesondere solche Verfahren, die mit Rüttel- und Schüttelbewegungen einhergehen), können nämlich gefährliche Hochpotenzen entstehen, welche dann mit ungeahnten Folgen in die Umwelt entfleuchen.
Ist nicht vielleicht das Bienensterben auf eine Umweltbelastung durch Honighochpotenzen zurückzuführen? Und der weltweite Rückgang von Amphibienarten auf eine Verseuchung mit Krötenpotenzen?
Gegenmaßnahmen sind dringend notwendig! Der Gesetzgeber ist in der Pflicht, übermäßig belastete Gewässer, Böden und Flüssigkeitsbehälter nicht nur zu sanieren, sondern auch zu deanimieren und depotenzieren.
Was übrigens gar nicht so leicht ist, da ja niemand weiß, wie man das berühmte Gedächtnis des Wassers eigentlich löschen kann…
Danke, liebe Skeptiker!
Wir müssen reden (Teil 2)
Mit einem gehörigen Kater bin ich am Morgen nach dem nächtlichen Treffen mit Balthasar aufgewacht. Ich greife zum Telefon und rufe Anna an. Eine halbe Stunde später sitzen wir einander gegenüber.
„Du könntest Dich mal rasieren!“ sagt Anna und nippt an ihrem biologisch-dynamischen Dharma-Chakra-Chai-Sojalatte.
„Mach keine Witze!“ gebe ich zurück und ordere einen vierfachen Espresso, „die Lage ist zu ernst!“
„Wie hat der das denn eigentlich überhaupt gemeint?“ fragt Anna.
„Keine Ahnung. Aber ich habe nicht die geringste Lust, mit einem Betonklotz am Bein im Hafen von Palermo zu landen!“
„Ist es wirklich so ernst?“ fragt Anna.
Ich versuche, die Geschehnisse der letzten Nacht vor meinem geistigen Auge Revue passieren zu lassen. Was war das für eine verdächtige Beule in Balthasars Manteltasche? Und zu welchen möglichen oder unmöglichen Leuten der Kontakte hat, möchte ich lieber nicht so genau wissen…
„Balthasar will Ergebnisse sehen. Verkaufszahlen. Positionen in Bestsellerlisten!“
„Ich könnte mal mit Shanti reden…“ meint Anna nachdenklich.
„Und was sollte der áusrichten?“
Sie zuckt mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Andere Blogger schreiben auch Bestseller… wenn ich da an Frau Freitag denke…“
„Vergiss Frau Freitag. Die hilft uns jetzt auch nicht weiter!“
„Wir drehen uns im Kreis…“
„Und wer hilft uns dann?“
Ich nehme einen großen Schluck Espresso.
„Wer uns hilft? Unsere Leser vielleicht?“
„Wie meinst Du das?!“
„Na, wir machen einen Wettbewerb! Wer uns den besten und erfolgreichsten Marketing-Tipp liefert, kriegt ein Buch von uns. Mit Widmung und allem, was dazu gehört!“
„Und Du meinst wirklich…“
„Schaun wir mal…“
Wir müssen reden!
Der Anruf kam eine halbe Stunde vor Mitternacht und war ziemlich kurz.
„Wir müssen reden!“
Beim Klang der Stimme schrak ich aus meinem halbdösigen Dämmerzustand und saß Sekundenbruchteile später kerzengerade senkrecht in meinem Sessel. Griff zur Fernbedienung, Glotze aus.
„Worüber?“
„Nicht am Telefon!“
Griff zur Whiskeyflasche, dann ein halbes Wasserglas Bourbon ohne Eis hinuntergestürzt.
„Wann und wo?“
Der Anrufer nannte Ort und Zeit und legte auf. Eine halbe Stunde später stand ich mit abgeblendeten Scheinwerfern auf einem einsamen Parkplatz am Waldrand. Der Sinntflutwolkenbruchregen prasselte gegen die Windschutzscheibe. Plötzlich wurde die Beifahrertür aufgerissen und eine tropfnasse Gestalt in dunklem Trenchcoat mit tief ins Gesicht gezogenem Hut zwängte sich auf den Sitz.
„Fahr los!“
„Wohin?“
„Einfach los!“
Ich startete den Motor.
„Willst Du mir nicht endlich sagen, worum es geht?“
Die Gestalt drehte sich zu mir hinüber und zum ersten Mal sah ich ihr Gesicht. Ich zuckte zusammen.
„Die Zahlen stimmen nicht!“ sagte Balthasar.“
„Wie meinst Du das?“
„Die Verkaufszahlen des Buches hinken weit hinter den Erwartungen her!“
„Was bedeutet das?“
Balthasar lachte dreckig.
„Was das bedeutet? Das weißt Du selbst!“
Er machte eine unschöne Geste.
Fast wäre mir das Lenkrad aus der Hand gerutscht, als mir plötzlich zu Bewusstsein kam, dass wir auf der eingeschlagenen Route in wenigen Minuten eine ziemlich hohe Brücke passieren würden. Aber ich beherrschte mich.
„Und jetzt?“
Balthasar lachte abermals.
„Und jetzt? Dein Problem! Du kannst mich rauslassen!“
„Wie bitte?“
Wir bewegten uns mit hundertzwanzig Stundenkilometern bei strömendem Regen in stockdunkler Nacht über eine Autobahn, weit und breit war keine Ausfahrt in Sicht.
„Dort, beim nächsten Notruftelefon, da läßt Du mich raus!“
„Du, ich kann Dich auch mitnehmen…“
„Du lässt mich hier raus!“
Seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
Erst als er ausgestiegen war, bemerkte ich auf der Gegenfahrbahn am Randstreifen das Fahrzeug mit eingeschalteter Warnblinkanlage.
Ein paar Kilometer weiter war eine Raststätte. Mit zitternden Knien stieg ich aus und brauchte erneut einen doppelten Whiskey.
Schwule durften kein Blut spenden?
Äh.. also, jetzt dürfen sie wieder. Zumindest in England.
Da war nämlich seit den achtziger Jahren eine Regelung in Kraft, welche homosexuellen Männer von der Blutspende auschloss. Natürlich wegen… Ihr wisst schon, diese böse, böse Seuche.
Die wird bekanntlich durch Blut und Körperflüssigkeiten übertragen und Kondome schützen.
Mit gängigen Testverfahren kann eine HIV-Infektion erst nach einigen Wochen sicher im Blut nachgewiesen oder ausgeschlossen werden, so dass ein frisch infizierter Blutspender unwissentlich andere Menschen gefährden kann.
Und es lässt sich nun einmal nicht wegdiskutieren, dass homosexuelle Männer auch bei verantwortungsvollem Sexualverhalten ein wesentlich größeres Risiko eingehen als Heterosexuelle.
Deswegen dürfen sie in Deutschland und Österreich grundsätzlich gar kein Blut spenden (laut Richtlinien der Bundesärztekammer). Und in Großbritannien nur dann, wenn sie zwölf Monate lang keinen Sex hatten.
- Quelle: Deutsches Ärzteblatt.
Korrektur: in einer früheren Version dieses Beitrages hatte es fälschlicherweise geheißen, dass homosexuelle Männer in Deutschland Blut spenden dürfen. Danke an die Kommentatoren!
„F… dich!“: Oberarzt pöbelt Assistenzärztin an und behält seinen Job
Es war einmal, vor langer, langer Zeit in irgendeinem Krankenhaus am Rande des Wahnsinns:
Oberarzt und Assistenzärztin bei Visite. Beide stehen am Krankenbett, Oberarzt putzt seine Kollegin vorm Patienten herunter… äh… ich meine natürlich, er weist sie… räusper… ganz freundlich …ähem… auf fachliche Mängel hin und teilt ihr mit sie würde, wenn sie so weitermacht das Leben der Patienten gefährden.
Die Kollegin aber, O Schreck, lässt das nicht auf sich sitzen. Der Ton wird schärfer, die beiden setzen das Gespräch im Zimmer des Oberarztes fort und dort fallen schließlich die verhängnisvollen Worte.
Oberarzt empfiehlt sich mit schwäbischem Gruß und der oben zitierten Aufforderung zu unsittlichen Handlungen.
Kollegin lässt auch dies nicht auf sich sitzen und – was für ein renitentes Biest! – wehrt sich. Oberarzt wird gefeuert und… klagt sich erfolgreich zurück in den Job.
Und wenn er nicht gestorben ist, dann pöbelt er noch heute.
Aber das ist ja, wie schon gesagt, nur ein Märchen. In Wirklichkeit sind alle Oberärzte der Welt ja, wie wir wissen, ganz, ganz liebe Mitmenschen.