Die Wunderspritze, wie es beim Hausarzt zugehen könnte
Ort der Handlung: Praxis Dr. Quack, Hausarzt in Bad Dingenskirchen. Der hat an diesem Wochenende Notdienst, daher ist an diesem Sonntagmorgen sein Wartezimmer gut gefüllt.
Auftritt: Herr Schmuddelfink, den wir von gestern Abend her kennen.
Die Sprechstundenhilfe schnarrt: „Dernächstebitte, in Zimmer zwei!“
Unser wohlbekannter Patient humpelt, sich mit theatralischer Geste an die Hüfte fassend in das besagte Sprechzimmer. Eine Minute später Auftritt des Helden in Weiß, welcher den Patienten bäuchlings auf der Liege vorfindet, mit entblößtem Gesäß, daneben auf einem Tischchen eine bereits aufgezogene Spritze.
„Guten Morgen, Herr Schmuddelfink, wie kann ich helfen?“
„Geht ganz schnell bei mir, Herr Doktor, ich brauche nur meine Spritze!“
Nun hat sich Herr Dr. Quack heute vertreten lassen durch einen jungen, dynamischen Arzt aus dem Krankenhaus welcher mit den hausärztlichen Gepflogenheiten noch nicht so vertraut ist.
„Was für eine Spritze meinen Sie?“
„Ich war gestern Abend im Kankenhaus, da hat man mir nicht geholfen. Tut mir leid, dass ich deswegen heute noch einmal zu Ihnen kommen muss!“
„Aha?“
„Hexenschuss. Sie wissen schon!“
Der Patient liegt bäuchlings auf der Untersuchungsliege und blickt in Richtung Wand, daher sieht er das erstaunte Gesicht des Doktors nicht.
„Ach so, Sie haben also Kreuzschmerzen. Mit Kribbeln? Taubheitsgefühle? Dann untersuche ich Sie mal gründlich… “
„Sie brauchen mich nicht zu untersuchen. Sie brauchen mir nur die Spritze zu geben!“
„Also gut. Die Tabletten haben also nicht geholfen?“
„Welche Tabletten? Ich schlucke doch keine Tabletten!“
„Aber diese extrastarken Tabletten, die ich Ihnen jetzt aufschreibe…“
„Wo kriege ich die Tabletten denn her?“
„In der diensthabenden Apotheke. Heute ist, glaube ich, die Apotheke in Großflunkersdorf dran…“
„Großflunkersdorf? Wie komme ich denn dahin? Ich habe doch kein Auto! Können Sie mir nicht die Spritze geben? Oder wenigstens quaddeln?“
Und spätestens jetzt merkt der Doktor, daß er wohl keine andere Chance hat…
Ähnliche Beiträge
Written by medizynicus
24. Januar 2010 um 10:00
Veröffentlicht in Alltagswahnsinn
8 Antworten
Subscribe to comments with RSS.
Der Placeboeffekt scheint bei der kleinen Wunderspritze enorm zu sein… denn auch die Oma, die mich im Wartezimmer auf und ab gehend beobachtete, meinte: „Der muss Ihnen eine Spritze geben. Dann wirds ganz schnell besser. Und wenn er mal nicht da ist, in der orthopädischen Ambulanz in der Furzengrüner Straße krieg ich auch immmer eine Spritze…“
schwestertrauma
24. Januar 2010 at 10:57
Gibts denn nicht auch so was wie eine Placebospritze?
eyeIT
24. Januar 2010 at 13:12
Nein, die gibts natürlich nicht. Aber es gibt da einen wunderbaren Wirkstoff der hilft gegen alles….fängt irgendwie mit N an *hust*
Krankeschwester
24. Januar 2010 at 13:44
quaddeln? War das nicht sowas was man eher nicht haben will? So eine allergische Reaktion? *aufdemschlauchsteh*
Blogolade
24. Januar 2010 at 14:54
Könnte der Patient einen nicht theoretisch auf Körperverletzung verklagen, wenn man nur Nacl spritzt und er das rausbekommt.
Oder noch besser: NaCl spritzen, aber was anderes abrechnen. ^^
Sebastian
24. Januar 2010 at 19:36
Hab mich echt weggeschmissen vor Lachen. Weil es so wahr ist.
Anna
24. Januar 2010 at 21:18
Leider realer Artikel – 7min Zeit, mehr hat man im heutigen Hamsterrad nicht für den Patienten
drgeldgier
25. Januar 2010 at 06:39
Völlig real. Kann man auch nicht mit den Patienten diskutieren. Im KV- Dienst mach ich die Spritze, im KH ist das natürlich bei Höchststrafe verboten. Eigentlich ist die Spritze Quatsch, aber man unterschätzt den psychologischen Wert. Was glaubt ihr, wie die Patienten plötzlich wieder laufen können…
mausel
25. Januar 2010 at 14:13