Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Archive for Februar 2012

…dass es so einen Tag nur alle vier Jahre einmal gibt…

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…ist das jetzt gut oder schlecht?
egal.
In der Ferne winkt mein Bett.
Und da will ich jetzt rein.
Gute Nacht!

Written by medizynicus

29. Februar 2012 at 23:04

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Heu-wä-gel-chen

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Okayokay, ist schon gut….
…ganz langsam jetzt, gaaaaanz langsam….
Nebenan röchelt etwas. Das ist Herr Szymbulski, der röchelt immer, dieser heisere Husten begleitet ihn schon seit mindestens sechzig Pack-years, genauso wie der zugehörige gelblich-grünliche Auswurf, aber das ist ganz gut so, denn solange er röchelt und hustet lebt er noch, und das ist die Hauptsache, denn gestern wäre er uns fast über die Klippe gesprungen weil er nicht nur Chronisch-obstruktive-Lungenerkrankung hat, was übrigens dieselbe Krankheit ist wie die von Herrn Chromsky, der uns öfters mal mit seiner Anwesenheit beehrt, so wie jetzt auch, der liegt nämlich im Zimmer nebenan, aber um den gehts ja jetzt gar nicht, es ging ja um Herrn Szymbulski und der hustet und röchelt und klagt außerdem in regelmäßigen Abständen über Atemnot und linksseitige Brustschmerzen bei vorbekannter schwerer koronarer Herzkrankheit, war letzte Woche im Herzkatheter und hat drei Stens gekriegt und jetzt ist er hier und hustet und röchelt und hat immer noch Schmerzen, aber solange er hustet und röchelt lebt er ja noch, also alles in Ordnung an der Front, und die Schreie aus dem Nebenzimmer, nein die kommen nicht aus unserer geheimen Folterkammer sondern von Herrn Wroczniak, der ist siebenundachtzig und schwer dement und außerdem Alkoholiker, fünf Bier fürs Sägewerk, hahaha, an der linken Hand ist nur noch der Daumen übrig geblieben, Herr Wroczniak war nämlich Tischler, also früher, als er noch eine Kreissäge hat halten können und ein Stück Holz, aber einmal ist ihm halt auch die linke Hand im Weg gewesen und daher siehe oben, aber das ist ja eigentlich auch Nebensache, jedenfalls schreit er wie am Spieß, die ganze Nacht lang, obwohl er bei uns Freibier kriegt bis zum Abwinken und dazu noch Melperon, Atosil und Haldol, immerhin, Haldol scheint zu wirken, jedenfalls ist es jetzt ein wenig ruhiger geworden, zumindest die Lautstärke der Schreie hat nachgelassen, jetzt hört man wieder das Husten und Röcheln aus den anderen Zimmern und ich selbst fange auch schon an zu husten und zu röcheln und wenn ich mir an den Puls fasse, dann…
Ein-und-zwan-zig.
Zwei-und-zwanzig.
Heu-wä-gel-chen.
Und nochmal, ganz langsam:
Heu-wä-gel-chen.
Ommmmmm.
Blu-men-wie-se.
Gän-se-blüm-chen.
Ommmmmm.
O, Scheiße, jetzt geht gerade das Telefon….
Sorry, Leute, ist schon wieder nix mit Bloggen heute!

Written by medizynicus

29. Februar 2012 at 22:51

Veröffentlicht in Alltagswahnsinn

Bitte keine Sterbenden in meinem Vorgarten!

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Der Tod ist Böse.
Natürlich wissen wir, dass wir ihm nicht entgehen können, irgendwann, irgendwann einmal , aber weil wir alle hoffen, dass es bis dahin noch ziemlich weit hin ist, denken wir besser nicht dran. Und allem, was uns daran erinnert, gehen wir am liebsten aus dem Weg.
Wenn beim Nachbarn der Leichenwagen vorfährt, dann bleibt uns vor Schreck das Frühstücksbrötchen im Hals stecken. Und wenn das mit dem Leichenwagen jeden Tag passiert?
Böse, böse! Besser nicht….
Nun gibt es Menschen, die schwer krank sind. So schwer krank, dass das unvermeidbare Ende keine Frage von Jahren oder Jahrzehnten, sondern eher von Wochen und Tagen ist. Und es ist möglich, dafür zu sorgen, dass auch diese Menschen in ihren letzten Tagen mitten im Leben stehen…. ein bißchen zumindest…. oder dass man ihnen die letzten Tage so angenehm wie möglich gestaltet.
Zwar ist Deutschland in Bezug auf Palliativmedizin fast noch ein Entwicklungsland, aber allmählich passiert hier etwas… zumindest hier und dort.
Im Hamburger Süden soll ein neues Hospiz entstehen. Zwei Anwohner klagen dagegen. Die Argumente erscheinen an den Haaren herbeigezogen: man mache sich Sorgen um den Wert der umliegenden Immobilien, redet von Belästigung durch erhöhten Leichenwagen-Verkehr und wenn schon, dann soll sich das Ding zumindest hinter einer hohen Mauer verstecken….
Die gute Nachricht: fünfundneunzig Prozent der Anwohner teilen die Bedenken offenbar nicht.

Written by medizynicus

26. Februar 2012 at 18:08

Veröffentlicht in Gehört und gelesen

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Gesundheit oder Profit? Pharmakonzern streitet mit der indischen Regierung

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Okay Leute, das Leben ist kein Ponyhof.
Ein intnernationaler Pharmakonzern investiert Millionen und Milliarden von Dollars und Euronen um ein neues Medikament zu entwickeln, dann ist man endlich im Geschäft und plötzlich… kommen ein paar dahergelaufene Heinis aus der Dritten Welt daher und bauen das Zeug nach um es den armen Leuten viel billiger zu verticken und scheren sich dabei einen Teufel um internationales Patentrecht.
Sind das jetzt Helden? Also nicht Novartis, sondern die Nachbastler meine ich jetzt… äh… oder vielleicht doch Novartis?
Um das Geld für die Entwicklung eines neuen Medikamentes wieder reinholen zu können, müssen die Preise hochgehalten werden. Auch dann, wenn es sich um Medikamente gegen HIV und andere Infektionskrankheiten handelt, die in Drittweltländern dringend benötigt aber unter diesen Bedingungen unerschwinglich sind. Nun gibt es auch in solchen Ländern clevere Chemiker und manchmal ist die Herstellung dieser Pillen gar nicht so kompliziert… eine große Versuchung also für Robin-Hood-Drugs-Incorporated aus Süd-Spelunkistan.
Und so geschieht es auch: In Indien zum Beispiel gab es bis 2005 keinen Patentschutz für Medikamente.
Dass die großen Konzerne sich das nicht gerne gefallen lassen, liegt auf der Hand.
Am 28.2. steht vor dem Obersten Gerichtshof in Neu-Delhi ein Verfahren an (in dem es zwar vordergründig um etwas ganz anderes geht).
Die wohlbekannte Hilfsorganisation Ärzte Ohne Grenzen hat hierzu die Öffentlichkeit mobilisiert – und sammelt Unterstützer für eine Petition.

  • Petitions-Kampagne bei

    Avaaz.Org: „NOVARTIS: Millionenprofit auf Kosten der Armen“.

  • Ärzte Ohne Grenzen über die Hintergründe der Kampagne.

Written by medizynicus

22. Februar 2012 at 21:12

Veröffentlicht in Gehört und gelesen

Wenn ich König von Deutschland wär… dann kommt die staatliche Einheitskrankenkasse

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Vorgestern wurde bekannt, dass in Berlin ab sofort ein hoher Beamtenjob vakant ist. Das wär doch was für mich, hab ich mir gedacht, denn Beamter wollte ich immer schon mal werden. Aber dann hab ich mir gedacht, noch viel besser wäre doch, wenn man mir doch bei der Gelegenheit gleich eine Krone aufsetzen und mich zum König machen könnte. Dann hat man halt länger was davon. Irgendwo tief im Westen gibts ja bekanntlich eine Insel, da wo so eine Königin draufsitzt, die jetzt seit fast sechzig Jahren das Zepter in der Hand hält, und das muss man erstmal schaffen.
Ehrlich gesagt, hätte mir ja auch der Job des Gesundheitsministers schon gereicht, aber der ist ja derzeit leider nicht frei, aber wenn ich König bin, dann könnte man das ja rasch ändern. Natürlich würde ich auf diesen Posten einen vertrauenswürdigen Mitstreiter setzen.
Und dann?
Ja, dann geht‘s los.
Erstmal wird das gesamte Gesundheitswesen verstaatlicht.
Alles. Krankenhäuser, Krankenwagen, Krankenkassen, alles gehört dem Staat. Also mir. Oder Euch. Denn ich bin ja ein demokratischer König, aber davon später.
Die Krankenkassen werden vereinigt. Nix mehr mit AOK, DAK, BKK, TKK – nur noch die EKK bleibt übrig, die große Einheitskrankenkasse. Da ist jeder drin, der sich in unserem Lande aufhält, keiner braucht sich anzumelden oder abzumelden und man muss auch keine Beiträge mehr zahlen: Das Geld für die Einheitskrankenkasse kommt direkt vom Staat, also aus dem großen Steuertopf: die Steuern werden ein bißchen erhöht, dafür entfällt eine Menge komplizierter Abrechnerei. Und weil in der Einheitskrankenkasse jeder drin ist, kann auch keiner mehr rausfallen, selbst wenn er kein Geld hat.
Das Ganze bringt natürlich mit sich, dass ziemlich viele Bürokraten überflüssig geworden sind. Aber die werden nicht arbeitslos, die werden nämlich umgeschult, zu Pflegekräften zum Beispiel. Also Leistungserbringer statt Leistungsverwalter.
Und wir alle hätten nur noch einen einzigen Arbeitgeber. Das wäre ein ziemlich großer Arbeitgeber. Der hätte also ein Monopol. Und Monopole sind böse, sagt Ihr, ja?
Eben! Und da kommt jetzt die Sache mit dem Staat ins Spiel.
Denn weil ich ein demokratischer König bin, habt Ihr die Möglichkeit, meine Einheitskrankenkasse zu kontrollieren. Jeder von Euch kann das. Der Chef von der Einheitskrankenkasse wird vom Parlament ernannt und ist diesem rechenschaftspflichtig und wenn er Mist baut, dann fliegt er raus. Alle lokalen Unterorganisationen werden von den örtlichen Parlamenten kontrolliert, und wenn die Mist bauen… siehe oben.
Ihr seht, vor dem Staat braucht man keine Angst zu haben! Zumindest dann nicht, wenn es sich um einen demokratischen Staat handelt und man seine Rechte, und auch seine Pflichten als demokratischer Bürger ernst nimmt.
Tja, und weil ich das nun einmal tu – also das ernstnehmen meiner demokratischen Rechte – da bin ich gleich mal hin zur Regierung und habe so einen Vorschlag eingereicht.
Den kann man unterstützen, wenn man will.
Muss man natürlich nicht.
Kann man auch kommentieren.
Man kann auch einen Gegenvorschlag machen.
So ist das halt mit der Demokratie.

Written by medizynicus

19. Februar 2012 at 13:44

Prokrastination… oder: warten, dass nichts passiert

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Ja.
Hmmm.
Ja, ich könnte….
…könnte mich um den Stapel Krankenakten kümmern, die mich da von der der Ecke meines Schreibtisches aus angrinsen und darauf warten, diktiert zu werden. Was is’n das eigentlich für ein dämlicher Ausdruck? Alle diejenigen von Euch, die irgendwann im Leben einmal in professionaler Kapazität ein Krankenhaus von innen gesehen haben, wissen natürlich, worum es geht: Tatsache ist, dass Chef uns letztens erst mal wieder daran erinnert hat, dass die Arztbriefe „zeitnah“ fertig gemacht werden sollen. Also am besten vorgestern, aber Vorgestern ist jetzt vorbei und da man ja im Leben sonst nichts zu tun hat, kümmert man sich an seinen Wochenenddiensten darum, zum Beispiel dann, während der Rest von Bad Dingenskirchen gerade Karneval feiert. Oder Fastnacht, Fasching, oder wie auch immer sonst diese Veranstaltung heißen mag, Ihr wisst schon, diese Geschichte mit den mit den Pappnasen und so. Aber zurück zu den Entlassbriefen.
Dass die Hausärzte – also die formellen Adressaten jener Briefe – sich in der Regel einen feuchten Kerricht für unser Geschwurbel interessieren, hatte ich ja schon einmal erwähnt. Aber darum geht es ja nicht. Der Aktenstapel grinst mich an und stattdessen surfe ich verbotenerweise auf fachfremden Internetseiten herum, glotze fachfremdes Verdummungs-TV und überlege, ob ich mich auf den freigewordenen Beamtenjob in Berlin bewerben soll, Ihr wisst schon. Vor allem warte ich darauf, dass der Piepser nicht piepst. Und was ich alles ändern würde, wenn ich König von Deutschland wäre, das wisst Ihr noch nicht, aber ich werd’s Euch verraten…
Aber nicht jetzt. Denn der Piepser piepst gerade. Also, stramm gestanden, den Kittel von der Stuhllehne geholt, und auf geht’s in Richtung Notaufnahme.
Auf in den Kampf, Pappnasen, ich komme!

Written by medizynicus

18. Februar 2012 at 22:57

In Guten und in schlechten Zeiten

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Herr Eipeldauer hat mich auf dem Flur abgefangen.
„Wie geht’s meiner Frau?“ fragt er.
Wie es seiner Frau geht?
Schlecht wäre untertrieben. Sauhundsmiserabel wäre ein besserer Ausdruck. Eigentlich rechnen wir täglich mit ihrem Ableben. Seit über einer Woche schon. Aber sie will nicht. Sie hält sich hartnäckig.
„Unverändert!“ sage ich und bemühe mich, betont optimistisch zu klingen.
„Wird schon wieder!“ will ich hinzufügen, obwohl ich genau weiß, dass da gar nichts mehr wird, und so lasse ich es auch lieber sein.
Herr Eipeldauer nickt und trippelt ein paar Schritte weiter. So einfach fällt ihm das Trippeln auch nicht mehr, immerhin muss er auch schon an die neunzig sein, wenn man das Geburtsdatum seiner Frau als Maßstab nimmt. Aber geistig topfit. Nix mit Demenz, keine Ahnung, wie er das geschafft hat.
Herr Eipeldauer trippelt den Gang entlang und kurz vor der Tür des Zimmers, welches er gemeinsam mit seiner Frau bewohnt – wir haben ihn gnädigerweise als Begleitperson mit aufgenommen – kurz vor der Zimmertür also, da hält er noch einmal inne und dreht sich um.
„Ich weiß schon Bescheid!“ sagt er und nickt nochmals, „Ich weiß Bescheid, Herr Doktor, Sie brauchen mir nichts mehr zu sagen!“
Was soll ich darauf antworten?
Manchmal sollte man lieber schweigen.
„Wissen Sie, Herr Doktor,“ fährt Herr Eipeldauer fort, „wir sind jetzt seit fünfundsechzig Jahren verheiratet!“
Er schaut mich an.
„Fünfundsechzig Jahre, Herr Doktor! Und damals habe ich ihr versprochen, dass ich bei ihr bleiben werde. In guten wie in schlechten Tagen. Die guten Tage hatten wir gehabt. Und jetzt wünsche ich mir nur, dass ich noch eine halbe Stunde leben darf, wenn sie die Augen schließt. Nur damit ich weiß, wohin sie geht!“
Sagts und schließt die Tür hinter sich.
Und ich bleibe stehen und sage gar nichts.
War heute nicht Valentinstag?

Written by medizynicus

14. Februar 2012 at 23:22

Veröffentlicht in Alltagswahnsinn

Welcome back!

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Ja, herzlich willkommen zurück in Klein-Blogistan, Josephine. Auf den ersten Beitrag vor drei Tagen gab’s über dreihundert Kommentare und auf den zweiten Beitrag von gestern auch schon achtzig, ja, also, herzlich Willkommen, und dank an Docangel (ohne Link?) für den Tipp, wobei die Ehre aber eigentlich Sophie Sternenmond gehört, die sich durch Josephines Comebeck bemüsigt hat, auch wieder loszubloggen, also in diese Richtung gleichfalls ein herzliches Willkommen, und auf das nächste Ranking bin ich jetzt wirklich gespannt!

Written by medizynicus

14. Februar 2012 at 21:57

Veröffentlicht in Ein Herz für Blogs

Die Namen der Pillen (Teil 2)

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Also, zunächstmal möchte ich doch all den Kommentatoren danken – insbesondere Kelef und McCloud, die das Wesentliche längst wunderbar erklärt haben.
Fassen wir also zusammen:
Nehmen wir an, ein paar Forscher wollen ein neues Medikament entwickeln.
Zum Beispiel ein Schmerzmittel.
Sie testen verschiedene Substanzen aus und stellen fest, hey, eine davon funktioniert ja tatsächlich! Man durchläuft die langwierigen und komplizierten Phasen der klinischen Testung und, hey presto, am Ende ist da ein neues Medikament.
Das besteht aus einer chemischen Substanz, die sich – gemäß den Richtlinien für Nomenklaturen chemischer Substanzen – beschreiben lässt.
Lange und komplizierte Moleküle haben lange und komplizierte Namen.
Beispiel gefällig?
Wie wäre es mit: 2-[2-(2,6-Dichlorphenylamino)phenyl]acetat
Kann das irgendwer aussprechen?
Allein schon die Schreibweise mit den vielen Zahlen und runden und eckigen Klammern ist ja eine Kunst für sich! Damit das Zeug halbwegs über die Zunge kommt – also ich meine jetzt die Zunge des Wissenschaftlers, nicht die des potentiellen Patienten – ist also eine Vereinfachung fällig. Lassen wir also ein paar Zahlen und Klammern weg, auch ein paar Buchstaben:
2-[2-(2,6-Dichlorphenylamino)phenyl]acetat.
Diclophenac. Oder Diclofenac.
Klingt doch schon etwas einfacher, oder?
Das ist jetzt der Begriff, den Wissenschaftler verwenden, wenn sie von der neuen Substanz sprechen.
Das ist dann der Internationale Freiname oder „Generic Name“ des neuen Medikaments. Den Begriff darf jeder verwenden, er ist nicht gesetzlich geschützt.
Gut, wir haben also tatsächlich ein neues Medikament.
Und das geht jetzt in Serie, es wird produziert und es muss vermarktet werden.
Dazu braucht der Hersteller – der natürlich flugs ein Patent angemeldet hat – einen neuen Begriff, der einzigartig ist, denn man will ja, dass der Käufer an das Produkt der eigenen Firma denkt und nicht an irgendwelche chemischen Substanzen.
Wie findet man einen solchen Markennamen?
Heutzutage hat jeder Pharmakonzern natürlich eine hochbezahlte Marketing-Abteilung und das „Branding“ ist eine richtige Wissenschaft für sich… früher ging man da viel hemdsärmeliger vor: Im Falle der oben beschriebenen Substanz schaute also der Mitarbeiter der betreffenden Abteilung mal kurz aus dem Fenster und stellte fest, dass er sich in der schönen Stadt Basel auf dem hässlichen Volta-Platz befand und – hey, Presto, das Zeug heißt bis heute Volta-ren (danke, Pharmama!).
Was bedeutet das für uns Ärzte?
Die meisten Medikamente haben mindestens zwei Namen. Das ist sehr verwirrend. Sowohl für die Patienten, als auch für alle Angehörigen von Berufsgruppen, die professionell mit dem Verteilen von Medikamenten zu tun haben.
Medizinisch macht das Ganze jedenfalls keinen Sinn.
Und im schlimmsten Fall gefährdet es sogar Menschenleben.

Written by medizynicus

9. Februar 2012 at 23:47

Veröffentlicht in Nachdenkereien

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Die Namen der Pillen

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Herr Krawummski hat Blutdruck.
Also gut, jetzt mal langsam. Ist mir schon klar, jeder Mensch hat Blutdruck. Zumindest jeder lebende Mensch. Wer keinen Blutdruck hat, der sollte sich schleunigst mal reanimieren lassen und falls gerade kein fitter Anästhesist oder Notarzt zur Hand ist sind die Chancen hoch, dass man bald den Bestatter seines Vertrauens kontaktieren sollte. Also, die Anghörigen sollten das natürlich tun, aber darum geht es jetzt ja gar nicht.
Der Blutdruck von Herrn Krawummski ist zu hoch.
Und das berechtigt ihn, von nun an am Stammtisch und auch sonst überall mit stolzgeschwellter Stimme verkünden zu dürfen: „Isch abe Blutdruck!“
Und mich berechtigt es, ihm eine Pille dagegen aufzuschreiben.
Alles kein Problem!
„Geben wir eine halbe Ramipril!“ sage ich zu Jenny.
Ist Okay, sagt Jenny und nickt dienstbeflissen, wie sich das für eine fleißige Schwester gehört. Vielleicht sagt sie auch „geht klar!“ oder „alles in Ordnung, Doc,“ oder „machen wir doch, Chef!“, so genau habe ich da gerade nicht hingehört. Hatte wichtigeres zu tun, das Ramipril aufschreiben nämlich, eine halbe Zwanziger einmal täglich morgens.
Eine Stunde später steckt Jenny den Kopf durch meine Arztzimmertür.
„Hamwanich!“
„Wie bitte?“
„Haben wir nicht, das Ramipril!“
Das gibt’s doch nicht! Ramipril ist ein absolutes Standardmedikament, das dürfte so mindestens jeder zweite Patient hier auf Station bekommen.
Das gibt’s hier nicht?
Gibt’s doch nicht!
Kopfschüttelnd bewege stehe ich auf, folge Jenny ins Schwesternzimmer zum Medikamentenschrank und eine Sekune später habe ich eine Schachtel der gewünschten Pillen da herausgezogen.
Jenny schmollt.
„Hättste doch auch gleich sagen können, dass das Delix ist!“
„Ach, Jenny-Schatz! Du weißt doch, dass jedes Medikameent zwei Namen hat.“
„Und Ihr Doktors müsst immer den falschen verwenden!“
Den Falschen? Nee, den Richtigen!
Warum muss das Leben bloß immer so kompliziert sein?

Written by medizynicus

8. Februar 2012 at 08:15

Veröffentlicht in Alltagswahnsinn

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