Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Archive for Juli 2016

Morden kann Jedermensch

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Nein, das geht nicht!

Sie dürfen da nicht durch!

Ja, Sie, genau Sie meine ich, stellen Sie sich doch bitte hinten an, wie alle anderen auch, warten Sie, bis Sie an der Reihe sind und… nein, bitte nicht so laut! Schreien Sie doch nicht so.

He, seien Sie doch vernünftig, sehen Sie denn nicht, dass hier überall Menschen stehen? Und die Pistole stecken Sie jetzt bitte weg, weg mit der Pistole habe ich gesagt, ich bitte Sie, seien Sie doch….
Siehst Du?
Ist doch gar nicht so schwer! Einfach draufhalten, Dich nicht um das Gesabbel scheren, abdrücken und… Bumm, bumm, bumm! Geht ganz einfach. Die passende Knarre hast Du Dir im Darknet besorgt und wenn Dir das zu teuer ist, dann tut’s auch die Axt aus dem Baumarkt, kostet nur Neunzehn Achtzig, brauchst Du noch nichtmal zu bezahlen, oder glaubst Du, irgendwer wagt es Dich aufzuhalten wenn Du mit so einem Ding über der Schulter an der Kasse vorbeischluftst, im cool-schwarzen Hemd, schwarze Basecap und schwarze Sonnenbrille.
Kannst auch gleich an Ort und Stelle anfangen, wenn Du magst.
Und dann, hey, das volle Programm: Alle Räder stehen still und die Stadt gehört Dir!
Auf allen Kanälen im Fernsehen bist Du präsent und am nächsten Morgen bist Du in allen Zeitungen, auf den Titelseiten, mit Bild und riesengroßen Schlagzeilen.
Dumm nur, dass Du davon nichts mehr mitbekommst. Denn dieses Spiel spielst Du nur einmal und Du weißt genau, dass sie Dich erwischen werden und weil Du dann nichts mehr zu sagen hast, machst Du Dich lieber vorher vom Acker.
Und jetzt sag mir: War’s das wirklich wert?

Written by medizynicus

26. Juli 2016 at 17:40

Mit Fünfundneunzig in den OP?

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Schwester Paula schüttelt den Kopf.
„Die spinnen doch, die Chirurgen!“
„Warum?“
„Die haben die Frau Schumpeter operiert! Das ist doch Leichenfledderei!“
„Frau Schumpeter ist keine Leiche!“, gibt Kalle zurück und wirft ihr einen strafenden Blick zu.
Frau Schumpeter ist gesegnete fünfundneunzig Jahre alt und quicklebendig. Also so lebendig, wie man mit fünfundneunzig noch sein kann. Ein bisschen dement ist sie schon, also ein bisschen viel dement, man könnte auch sagen stockdement, aber es geht ihr offenbar ganz gut damit, abgesehen von ihren Gallensteinen.
Die Gallensteine hatten wir mehr oder weniger zufällig beim Ultraschall gefunden, und irgendein Spaßvogel hat unsere Patientin dann den Chirurgen vorgestellt.
Jetzt hat sie keine Gallensteine mehr. Und auch keine Gallenblase.
„Warum hat man sie operiert?“, fragt Schwester Paula.
„Na, weil sie Gallensteine hatte!“
„Hatte sie irgendwelche Beschwerden?“
„Gesagt hat sie nichts… aber wer weiß, vielleicht hatte sie ja Koliken und konnte sich bloß aufgrund ihrer Demenz nicht mehr äußern?“
„Aber muss man ihr in dem Alter noch eine Operation zumuten?“
„Warum nicht, wenn es ihr nutzt?“
„Mit fünfundneunzig ist so eine Operation doch mit einem deutlich erhöhten Risiko verbunden!“
„Na, Herz und Kreislauf sind noch erstaunlich gut bei ihr, und so eine Gallen-OP ist doch heutzutage wirklich keine große Sache mehr…. warum sollte man ihr das verweigern?“
„Weil irgendwann auch irgendwo mal Schluss sein muss!“, sagt Schwester Paula und verlässt kopfschüttelnd den Raum.

Written by medizynicus

10. Juli 2016 at 05:25

Veröffentlicht in Alltagswahnsinn

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Die kriminalistische Ambulanz: ein bisschen Nachhilfe für Krimi-Autoren

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Also Leute, aus aktuellem Anlass will ich mal Nachhilfe geben.
Weil ich selber gerne Krimis lese und mich immer wieder dar¸ber ärgere, wenn ein Autor mal wieder schlecht oder gar nicht recherchiert hat.
In so ziemlich jedem Krimi kommt ja mindestens eine Szene vor, die in einem Krankenhaus spielt, meistens in der Notaufnahme. Wenn man nun mal beruflicherseits die eine oder andere Notaufnahme von innen gesehen hat, dann lässt es sich nicht vermeiden, dass man bisschen weiss, wie es dort zugeht.
Außerdem wird in Krimis ganz gerne gestorben. Das ist allerdings gar nicht so einfach, wie es sich anhört. Also, sterben natürlich schon, aber jemanden so richtig schön sterben zu lassen, das ist bekanntlich eine Kunst, die gelernt sein will, auch wenn man nur drüber schreibt und es hoffentlich nicht ausführt.
Nun lernt man da in unserem Job ja so das eine oder andere, auch darüber, wie gewisse Verletzungen und Krankheiten funktionieren und was davon zum Tode führt und was nicht.
Ist halt so in unsemr Job.
Krimi-Autoren wissen das in der Regel nur, wenn sie wen gefragt haben, und hey, bingo, hier bin ich, fragt mich doch, wenn Ihr mich traut!
Und wehe Euch, wenn ich dann noch einmal etwas von einer kreislaufstärkenden Spritze lese!

Written by medizynicus

3. Juli 2016 at 05:01

Veröffentlicht in Gehört und gelesen