Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Archive for Februar 2018

Einen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars…. oder: wie manche Ärzte die Welt bescheißen

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Nein, Frau Schrumpelköter, so geht das nicht… nein, wirklich nicht, was denken Sie sich denn, wo Sie hier sind?
Einen Termin wollen Sie? Bei unserem Herrn Doktor? Und da glauben Sie, könnten Sie einfach so anrufen? Hören Sie mal, was glauben Sie, wenn das jeder so machen täte, wo kommen wir da hin, neinneinnein, Frau Schrumpelköter, so geht das wirklich nicht!
Also, ich erkläre Ihnen das jetzt mal. Wenn Sie zum Herrn Doktor wollen, dann brauchen Sie einen Termin!
Ja, richtig!
Deshalb rufen Sie an, sagen Sie?
Jetzt hören Sie doch gefälligst mal zu, ich wollte Ihnen das doch erklären, also, wann hätten Sie denn Zeit, mal bei uns vorbei zu kommen?
Himmel nochmal, natürlich können Sie nicht einfach so in die Praxis schneien und gleich zum Doktor gehen, das erkläre ich Ihnen doch schon die ganze Zeit, Sie müssen einen Termin vereinbaren, und deshalb müssen Sie vorbeikommen, damit wir Ihre Krankenkassenkarte einlesen können.
Richtig, jetzt haben wir Mitte Februar und das Quartal ist fast schon vorbei, also wenn Sie sich beeilen und die Karte dieses Quartal noch vorbeibringen, dann können wir vielleicht noch etwas machen im nächsten Quartal, da müssen Sie aber schon fix sein!
Wie bitte? Warum wir die Krankenkassenkarte schon in diesem Quartal brauchen, wenn der Termin erst im nächsten Quartal ist?
Ja, natürlich, damit wir den Termin… also den Termin zur Terminvereinbarung, damit wir den halt auch abrechnen können, wissen Sie, man kriegt nix geschenkt, so ist das im Leben!
Wie bitte? Im nächsten Quartal…. natürlich rechnen das ab im nächsten Quartal, wenn Sie den Doktor sehen!
Was, ob wir zweimal…? Ja, Sie sind doch zweimal bei uns in der Praxis, einmal jetzt und einmal im nächsten Quartal?
Was? Sie sehen den Doktor doch bloß einmal?
Ja hören Sie mal, glauben Sie, der Herr Doktor hat Zeit, sich um jeden Kleckerkram zu kümmern?
Jetzt mal nicht frech werden, Frau Schrumpelköter, und wenn Sie in diesem Leben noch irgendwann mal einen Doktor sehen wollen, dann verscherzen Sie es sich bloß nicht mit uns, wir werden noch sehen, wer hier am längeren Hebel sitzt!
Jqwoll!
So ist das!
So ist es leider wirklich…. immer wieder mal: niedergelassene Arztkollegen verlangen von neuen Patienten, dass man „zur Terminvereinbarung“ persönlich vorspricht und „schon mal die Karte mitbringt“.
Die Karte wird natürlich eingelesen – und damit wird ein fiktiver Arztkontakt abgerechnet, notfalls wird hier und dort ein bisschen nachgeschummelt (vielleicht drückt einem der Doktor ja tatsächlich im Vorbeigehen die Hand). Das ist ganz klarer Betrug.
Aber… halb so schlimm, weil’s ja jeder macht, oder?

  • Die Assistenzärztin hat diese Schummelei schon im letzten Jahr beschrieben – aber ich hab’s ja nicht glauben wollen….

Written by medizynicus

14. Februar 2018 at 21:16

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Mit der Pferdekutsche zum Arzt

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Kleines Gedankenexperiment:
Es ist ein ganz normaler Montagmorgen, wir befinden uns in irgendeiner belebten Innenstadt. Vor unseren Augen klappt ein Passant plötzlich zusammen, röchelt kurz und dann liegt er da…
Was macht man? Gut aufgepasst beim letzten Erste-Hilfe Training? A-B-C und so weiter, rasch mit der Reanimation beginnen, und… natürlich Notruf absetzen. Wie gut, dass heutzutage fast jeder ein Handy dabei hat. Also, wir haben angerufen, alles korrekt durchgegeben, reanimieren fleissig weiter und… weiter… und weiter… und weiter.
Inzwischen werden wir ungeduldig. Wo bleibt denn der Rettungsdienst? Reanimieren ist bekanntlich verdammt anstrengend, bald wird uns die Puste ausgehen und dann…. nach einer geschlagenen halben Stunde zockelt endlich eine rotweiße Pferdekutsche mit Blaulicht auf dem Kutschbock heran.
Was für ein Blödsinn!
Richtig. Ist ja auch zum Glück nur ein Gedankenexperiment.
Pferdekutschen sind verdammt langsam und – zumindest für den notfallmäßigen Krankentransport – definitiv nicht mehr zeitgemäß, weil es schnellere Alternativen gibt. Eine Email ist ja auch deutlich rascher beim Empfänger als ein Brief, der vom Landpostillon zugestellt wurde.
Interessant ist allerdings, dass bei Arztbriefen und anderen medizinischen Dokumenten wie z.B. CD’s mit Röntgenbildern (die alten Filme haben ja zum Glück inzwischen fast überall ausgedient) auch heutzutage noch auf den Landpostillon vertraut. Zwar wird heutzutage Vieles per Fax erledigt, aber oft genug erinnert die Kommunikation doch sehr an die sprichwörtliche „Stille Post“, die Flüsterkommunikation von Ohr zu Ohr, bei der am Ende etwas ganz Anderes herauskommt als das, was anfangs beabsichtigt war: Wird ein Patient stationär aufgenommen, dann verbringt man viel Zeit damit, herauszufinden, welche Medikamente er nimmt. Im besten Fall hat er eine vom Hausarzt ausgedruckte Liste dabei, manchmal aber auch nur eine Plastiktüte voller Pillenschachteln, oder noch nicht einmal das.
Der Aufnahmearzt schreibt dann alles per Hand in den Aufnahmebogen, welcher dann – ebenfalls per Hand – auf den Anordnungsbogen kopiert und von den Pflegekräften in das Krankenblatt (die „Kurve“) übertragen wird… und vor Entlassung das selbe Spiel: die Liste aus dem Krankenblatt wird abgelesen und in den Arztbrief diktiert, welcher von einer Sekretärin ausgedruckt und dann von drei Ärzten gegen gelesen wird…
viel langsamer ist die Postkutsche wirklich nicht!

Written by medizynicus

4. Februar 2018 at 18:57

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Gesünder Quarzen?

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Rauchen ist ungesund.
Der Marlboro-Mann hat’s angeblich nicht gewusst, bevor ihn das schreckliche Bronchialkarzinom dahingerafft hat. Aber wer heute noch nicht kapiert, dass Fluppen, Zichten, Sargnägel und Krebsnudeln es in sich haben, lebt entweder jenseits von Spelunkistan oder planscht eher am flachen Ende des Genpools.
Das weiß man. Auch ohne die bunten Sammelbildchen auf den Packungen (habe ich eigentlich das Sammelalbum schon erwähnt? Ich kriege keine Prozente, aber verlinke es trotzdem gerne, denn die Idee hätte auch von mir stammen können!).
Also gut. Selbst die Marlboro-Macher wollen ihr Geld auf andere Weise verdienen.
Was tut man, um die Aktionäre nicht zu enttäuschen?
Man investiert in neuartige Dampfnudeln und E-Zigaretten und statt beißendem Tabakqualm wabern jetzt überall Gummibärchendüfte durch die Lande.
Aber sind diese Dinger wirklich so gesund?
Zumindest, was die Tabakerhitzer (im Gegensatz zu den E-Zigaretten) angeht, sind sich die Experten da nun doch nicht so sicher

Written by medizynicus

2. Februar 2018 at 17:54

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Autogrammstunde beim Chirurgen: geht mal gar nicht!

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Sowas gibt’s eigentlich nur bei ganz schicken Autos: Wenn der Motor fertig ist, darf der Mechaniker, der ihn fertig gemacht hat, sich darauf verewigen. Mit einer kleinen Plakette, auf der sein Name, Datum und Unterschrift steht: „Diesen tollen Motor hat Olli Krawuttke fertig gemacht!“, oder so ähnlich. Die Plakette wird dann auf den Motor geschweißt dann sind sie unzertrennlich, die beiden, der Motor und die Plakette. Wohin auch immer der neue Besitzer seine Superkarre jetzt ausführen wird, ob mit Tempo zweihundertsiebzig über die Autobahn oder die steilsten Passstraßen hinauf oder im Stau vor Bad Dingenskirchen… die Plakette mit der Unterschrift von Olli Krawuttke ist immer dabei.
Neulich gab’s mal einen Chirurgen, der wollte auch immer dabei sein.
Also hat er auch Autogramme gegeben.
Auf den Lebern seiner Patienten. Also, wenn er jemandem eine neue Leber eingebaut hat, dann hat er drauf unterschrieben, doch, das gibt’s! Mit einem Laser-Dingsda hat er das gemacht, und dann fein wieder alles zugenäht. Hat keiner gemerkt, dass da die Unterschrift vom Dr. Krawuttke drin ist.
Hat doch jemand gemerkt.
Weil die eine oder andere Leber mal wieder ausgebaut werden musste.
War nicht so schön.
Jetzt muss er Sozialstunden machen, der arme Doktor….

Written by medizynicus

1. Februar 2018 at 21:32

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