Posts Tagged ‘Ärzte’
Der Streik ist abgeblasen
Alles klar, wir vertragen uns wieder!
Schmollend zwar, aber immerhin. Wir haben uns geeinigt.
Gestern noch wurde kräftig gepokert, und mit den Säbeln gerasselt. Die Kliniken haben sich vorsorglich nach Honorarärzten umgeschaut, aber auch da gab’s nicht viel Unterstützung.
Gestern gab’s dann eine weitere Verhandlungsrunde und heute früh war’s dann soweit:
Knapp drei Prozent mehr Gehalt gibt’s – also ein ganz kleines bißchen mehr als die Inflation uns wegfrisst – und die Sache mit den Diensten ist erstmal außen vor geblieben.
Die Klinikbetreiber schmollen und drohen mit Jobabbau…
Na, da schauen wir mal… 🙂 !
Berliner Ärztefunktionäre genehmigen sich einen grossen Schluck aus der Pulle
Also gut, wir Ärzte nagen ja nicht unbedingt am Hungertuche. Jedenfalls die meisten von uns nicht (Wieviel wir verdienen, ist übrigens kein Geheimnis – man kann es hier oder hier nachlesen). Und niemand beklagt sich ernsthaft darüber, dass die einen von uns mehr und die anderen weniger verdienen – zumindest solange die Höhe des Einkommens halbwegs proportional zur Arbeitsleistung und zur Berufserfahrung ist.
Tja. So ist das halt.
Und dann gibt es noch ein paar Kollegen, die verdienen besonders gut. Die haben einfach den Dreh raus… nee, nicht die Schönheitschirurgen oder Hokuspokuskünstler meine ich jetzt, die Rede ist von denen, die sich in öffentliche Ämter wählen lassen.
Öffentliche Ämter?
Also gut. Jetzt stellen wir uns mal vor, alle Porschefahrer (oder von mir aus alle Autofahrer) in diesem Lande müssen einem Verein beitreten. Dieser Verein wählt ganz demokratisch einen Vorstand und der Vorstand bestimmt dann, wann und wo überall Geschwindigkeitskontrollen stattfinden.
Klingt logisch, oder?
Genauso ist das aber mit uns Ärzten. Es nennt sich Selbstverwaltung oder Standespolitik. Und da gibt es inzwischen so viele Gremien, dass da kaum noch einer durchblickt. Eines dieser Gremien ist die Kassenärztliche Vereinigung. Die ist – in ganz grober Vereinfachung – dafür zuständig, das Geld der zwohundertfuffzich oder so Krankenkassen auf die zwohundertfuffzichtausend oder so niedergelassenen Ärzte zu verteilen. Und weil das ziemlich viel Arbeit ist braucht es dazu einen hauptamttlichen Vorstand. Das sind in der Regel Ärzte, die irgendwo eine Praxis haben. Und weil sie in der Zeit, in der sie im Vorstand sind nicht in ihrer Praxis arbeiten können, kriegen sie ein Gehalt, welches in der Regel nicht unbedingt dürftig ist. Und wenn sie dann aus ihrem Amt ausscheiden und doch wieder in ihre Praxis zurück müssen, kriegen sie nochmal Geld – damit der Übergang nicht so schwer fällt. Wohlgemerkt: zusätzlich zu den Beträgen, die sie sowieso schon kassiert haben.
…und wenn man dann doch noch einmal gewählt wird und nicht wieder in den harten Praxisalltag zurück muss, dann… ja, dann ist trotzdem das Übergangsgeld fällig, weil… ja, weil… äh… Geld haben ist nun mal besser als Geld nicht haben. Oder so. Dachten sich wenigstens die drei Vorstände der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung und schusterten sich mal eben locker sechshunderttausend Euro zu. Macht zweihundert Mille (i.e. zweihunderttausend, nicht Millionen) für jeden.
Cool, oder?
Okay, war dann wohl doch etwas zuviel. Ich glaube, inzwischen haben sie es wieder zurückgegeben.
Ärzte und Alkohol: ein Tabu?
Ein Bundestagsabgeordneter bekennt sich öffentlich zu seiner Alkoholkrankheit und löst damit eine spannende Diskussion aus.
Wird er zurücktreten?
Vielleicht.
Muss er das überhaupt?
Tja… warum eigentlich?
Jedenfalls ist er mutig – und bricht mit einem Tabu. Viele Politiker trinken mehr als ihnen gut täte. Nicht wenige sind – nach streng medizinischen Krierien – abhängig. Alkoholkrank. Das ist allgemein bekannt, aber man redet nicht darüber.
Genauso wie allgemein bekannt ist, dass es zahlreiche Ärzte gibt, die alkoholkrank sind. Und auch darüber spricht man nicht. Höchstens dann, wenn wieder mal jemand seinen Job verliert, dann gibt es vielleicht eine kleine Notiz in der örtlichen Zeitung oder auch einen ausgewachsenen Skandal, falls ein Patient zu Schaden gekommen ist, was immer wieder mal vorkommt.
Aber nicht jeder alkoholkranke Arzt bringt seine Patienten um.
Viele Alkoholiker schaffen es, ihr Suchtverhalten soweit unter Kontrolle zu halten, dass sie im Alltag halbwegs „funktionieren“ – und auch in der Lage sind, den ärztlichen Beruf auszuüben, vielleicht nicht gerade als große Leuchten, aber als kleine B-Player in der zweiten Reihe.
Wie heißt es so schön? Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Und Letzteres ist Privatsache. Oder etwa nicht?
Jenny oder Sarah? Ärzte paaren sich lieber mit Kolleginnen als mit Krankenschwestern
Es war einmal, vor langer, langer Zeit…. in einem kleinen Krankenhaus am Rande der Welt. In einer einsamen, lauschigen, vollmondigen Sommernacht lief der diensthabende Arzt müde und abgekämpft wie ein einsamer Wolf durch die einsamen Flure: getrieben von der Flucht vor Patienten und dem verführerischen Duft von frischem Kaffee, welcher ihn schließlich in die kleine Küche von Station Zwo führte.
Dort angekommen fand er nicht nur frischen Kaffee sondern auch die diensthabende Schwester. Man schaute sich eine Sekunde lang zu tief in die Augen und dann…
Ja, dann geschah das, was Männer und Frauen ab und zu tun, wenn sie allein und ungestört sind.
Aber, wie schon gesagt, das alles war einmal und ist nicht mehr. Zwischen Ärzten und Krankenschwestern läuft nämlich in Wirklichkeit kaum noch was:
Ärzte paaren sich heutzutage lieber mit Ihresgleichen.
Gesellschaftlich gesehen eine Katastrophe, oder…?
Von Pommesbudenlizenzen in Spelunkistan
Ich glaube, ich erwähnte es bereits:
Wer in Spelunkistan eine Pommesbude aufmachen will, braucht dazu eine Lizenz vom Pommesbudenverwaltungsamt.
Das Pommesbudenverwaltungsamt legt fest, wie viele Pommesbuden in jeder Stadt und in jedem Landkreis betrieben werden dürfen. Gibt es bereits genug oder zu viele davon, dann kann es keine weiteren mehr geben. Wer trotzdem Fritten verlaufen will, muss warten bis ein alter Pommesbudenbetreiber in Rente geht oder aus anderen Gründen seine Lizenz verkauft.
Der Verkauf der Lizenz am Ende des Berufslebens ist großes Privileg der spelunkistanischen Pommesbudenbesitzer und der entsprechend zu etwartende Erlös ein wichtiger Baustein in ihrer Altersversorgung.
Nun behauptet die Pommesbudenverwaltungsbehörde, dass es vor allem in den großen Städten längst viel zu viele Pommesbuden gibt. Diesem Missstand will man jetzt mit einer neuen Maßnahme begegnen:
Wer von nun ab eine neue Pommesbude aufmachen will, soll weniger verdienen dürfen. Außerdem muss er natürlich zuvor eine neue Lizenz kaufen, aber die kann er nicht mehr verkaufen, sondern sie erlischt sobald er seinen Laden wieder zumacht.
Eine neue Pommesbude aufzumachen, ist nicht nur in Spelunkistan ein teures Unterfangen. Es ist eine Investition, die genau überlegt sein will. Insbesondere die Lizenz ist eine kostspielige Angelegenheit. Für Jünglinge, die gerade frisch von der Frittenakademie kommen, ist das daher großes Hindernis. Viele haben Angst davor, sich hoch zu verschulden, vor allem, wenn man ihnen sagt, dass sie weniger verdienen werden als ihre Vorgänger.
Daher läßt man es lieber sein und sucht sich einen anderen Job, man kann ja schließlich auch glücklich werden ohne sein Leben lang in Spelunkistan Fritten zu verkaufen.
Dies führt nun dazu, dass man in manchen Regionen Spelunkistans, insbesondere auf dem platten Land (wer Spelunkistan kennt weiß, dass manche Gegenden dort ziemlich platt sind) inzwischen von einem Pommesbudenmangel spricht, aber das ist ein ganz, ganz anderes Thema, von dem hier und heute nicht die Rede sein soll.
p.s.: Ach ja… alle Ähnlichkeiten zischen spelunkistanischen Pommesbuden und deutschen Arztpraxen sind selbstverständlich wie immer rein zufällig…
p.p.s.: Klingt das jetzt kompliziert? Ist es auch. Die Wirklichkeit ist noch viel, viel komplizierter. Da blickt nämlich so gut wie niemand durch…
Was hat WikiLeaks mit der ärztlichen Schweigepflicht zu tun?
Nichts? Gar nichts? Wirklich nichts? Oder doch?
Also gut, begeben wir uns wieder einmal nach Spelunkistan. Doktor Pfeiffemann ist dort Hausarzt. Und heute ist der Herr Kommerzienrat Grunznickel zu ihm in die Sprechstunde gekommen. Was fehlt ihm?
„Es geht mir gar nicht gut, Herr Doktor!“ seufzt er.
Doktor Pfeiffemann seufzt zurück. Allerdings nur heimlich in Gedanken. In Wirklichkeit schaut er seinen Patienten an, nickt ihm zu und bemüht sich um einen freundlich-interessierten Gesichtsausdruck.
„Meine Nerven, Herr Doktor,“ jammert der Herr Kommerzienrat, „Meine Nerven sind angeschlagen. Können Sie mir dafür etwas verschreiben?“
„Was schlägt Ihnen denn so auf die Nerven?“ fragt der Herr Doktor.
Der Patient schaut sich vorsichtig um. Dann fängt er an, zu berichten, mit gesenkter Stimme.
„Sie wissen doch, Herr Doktor, ich arbeite im Ministerium. Und da habe ich ein paar Sachen erfahren…“
Lassen wir die Details. Nur soviel: was da passiert, das ist schon eine ausgemachte Sauerei. Eine Korruptionsaffäre erster Güte! Nur gut, dass davon noch nichts an die Presse gedrungen ist.
„…und Sie, Herr Doktor, Sie behalten doch auch für sich, ja?“ versichert sich der Patient und legt verschwörerisch den Zeigefinger auf den Mund.
Der Herr Doktor nickt geistesabwesend, dann unterschreibt er das Rezept.
„Eine Tablette zweimal täglich!“ sagt er, drückt seinem Patienten die Hand und geleitet ihn zur Tür.
Sobald selbige ins Schloß gefallen ist, greift der Herr Doktor zum Telefon und ruft – selbstverständlich anonym und mit Anrufernummerunterdrückung den Whistleblowerjournalisten seines Vertrauens an.
„Du ich hätte da etwas für Euch….“
Versorgungslücke in der Palliativmedizin: Poltik lenkt möglicherweise ein
Vor knapp einem Monat machte mich eine Leserin auf eine Versorgungslücke in der Palliativmedizin aufmerksam.
Wir erinnern uns:
- Ärzte dürfen in Deutschland grundsätzlich keine Medikamente dispensieren. Das heißt: Sie dürfen zwar Spritzen geben und einem Patienten eine einzelne Tablette in die Hand drücken, die dann aber unverzüglich unter Aufsicht genommen werden muss. Verboten ist es hingegen, einem Patienten mehrere Tabletten zum späteren Gebrauch mitzugeben.
- In allen anderen Fällen dürfen Medikamente grundsätzlich nur vom Apotheker abgegeben werden. Deshalb gibt es in Deutschland rund um die Uhr einen flächendeckenden Apotheken-Notdienst. Allerdings kann es in ländlichen Gegenden schon einmal sein, dass die diensthabende Apotheke 20 KM weit weg liegt. Einen Lieferservice bieten die Apotheken nachts in der Regel nicht.
- Tatsache ist: fast jeder Arzt hat einem Patienten schon einmal ein paar Tabletten mitgegeben, sei es in der Notaufnahme oder in der Hausarzt-Sprechstunde oder beim Notfall-Hausbesuch. Korrekt ist das nicht. Trotzdem kräht in der Regel kein Hahn danach.
- Nur bei Medikamenten, welche dem Betäubungsmittelgesetz (BTM) unterliegen, sollte man alle Gesetze und Regeln wirklich genau nehmen.
- Schwerstkranke Tumorpatienten und Sterbende benötigen oft starke BTM-pflichtige Schmerzmittel, zwar auch nachts und am Wochenende. Aus gutem Grund will man hier oft eine Krankenhauseinweisung vermeiden. Ein Hausarzt, der einen Sterbenden besucht, kann diesem zwar ein BTM-Rezept ausstellen, faktisch ist es jedoch nachts oft nicht möglich, dass dieses Rezept auch zeitnah zur Dienstapotheke gebracht und eingelöst wird.
- Ein Arzt, der einem Sterbenden unbürokratisch zwei oder drei Tabletten Morphium überlässt, steht aber quasi mit einem Bein im Knast…
Es gibt eine Initiative, diesen Zustand zu beenden, unter Anderem durch eine Petition beim Bundestag. Offenbar möglicherweise mit Erfolg. Das Gesundheitsministerium will diese Vorschläge immerhin „prüfen“, wie die Ärztezeitung jetzt meldete.
Jawoll, wir Ärzte sind bös und geldgeil…
…hab ich doch vorhin in meinem Privatjet auf dem Weg vom Golfclub zur Oper schon wieder so einen respektlosen Artikel im Spiegel gelesen.
Wir Ärzte sind mächtig, die Regierung ist schwach und deswegen schiebt sie uns immer mehr Geld in irgendwelche Körperöffnungen. Zehn Milliarden Euro mehr sollen es in den letzen drei Jahren gewesen sein, nun weiß ich nicht zwar genau, wie viele Ärzte es in diesem Land gibt, aber wenn von diesem großen Kuchen vieleicht das eine oder andere Milliönchen bei mir hängenbleiben würde, dann… ja, dann könnte ich mich doch endlich wieder den schönen Dingen des Lebens widmen und würde auch ernsthaft erwägen, bis auf Weiteres das Maul zu halten.
Echt jetzt.
Aber jetzt muss ich los, nach der Oper ist noch ein kleiner Umtrunk in der Bar angesagt und dann gehts weiter zum nächtlichen Wellnessing… so ist das halt in unserem Job, immer im Dienst, auch am Wochenende.
Ärzte dürfen Fehler machen
Okay, heute mal wieder ein ernstes Thema. Ich möchte anknüpfen an den Beitrag einer Leserin. Wir erinnern uns:
Ein Mensch ist gestorben. Hätte dieser Tod vermieden werden können? Waren die Ärzte schuld oder „die Umstände“? Dürfen Ärzte Fehler machen? Wer ist schuld, wenn im Krankenhausbetrieb etwas schief läuft? Ist überhaupt jemand schuld?
Anstatt vieler Worte möchte ich zunächst einmal ein paar andere Artikel zitieren, die sich mit dem Thema beschäftigen:
- Ärztezeitugung: Minister Rösler wirbt für offenen Umgang mit Fehlern
- Oberlandesgericht billigt Ärzten Fehleinschätzungen zu
- Deutsches Ärzteblatt: „KBV wirbt für anonymes Fehlermeldesystem“
- Deutsches Ärzteblatt: „BÄK wehrt sich gegen zentrales Register für Behandlungsfehler“
- Spiegel Online: Fatale Behandlungen: Experten streiten über Ärztepfusch-Meldepflicht
- Blasenspülung mit Isopropanol: Falsche Beschriftung sorgt für Behandlungsfehler
- Medizynicus über Critical Incident Reporting