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Unvermeidbares Schicksal oder… hätte sie gerettet werden können?
Vor ein paar Tagen erreichte mich folgende Mail einer Leserin, die ich zunächst einmal unkommentiert hier weitergeben möchte:
Zugetragen hat sich das alles im Jahre 2009. Zum Ende des Sommers sollte meine Mutter ein neues Hüftgelenk erhalten. Sie war leider übergewichtig und nicht zuletzt deshalb hatte sich die OP schon mehrere Jahre nach hinten verschoben. Ein weiterer Grund für die Verzögerung war, dass sie erst 50 Jahre alt war und dementsprechend „kleine“ Kinder hatte. Ganz zu schweigen von drohenden Ersatz-OPs der Gelenkprothese (gemeint sind: Wechsel der Prothese nach 15-20 Jahren – d.Red.). Die OP sollte wegen der jahrelangen Arthrose durch die angeborene Fehlstellung schwierig werden, weshalb sich auch eine Privatklinik mit fadenscheinigen Argumenten davor drückte (Hautveränderung als Petechien bezeichnet, hat später ein anderer Arzt als nicht wahr bezeichnet). Also nahm sich schlussendlich 2009 die Uniklinik ihres Hüftgelenks an.
Die OP verlief gut, neben einem größeren Hämatom, lief die Heilung super. Nach knapp 2 Wochen sollte es zur Reha gehen, aber im ganzen Bundesland gab es keinen Platz. Also erstmal eine Woche nach Hause und warten auf bis der Platz in einer der vielen Reha-Einrichtungen nahe der Ostseeküste frei war. Dabei zeigte sie mir noch ganz stolz, wie gut sie schon die Thrombose-Spritzen sich selbst setzen konnte. Dann ging es in die Reha-Einrichtung, 3 Wochen. Auch dort bekam sie die Thrombose-Prophylaxe. Lediglich an den letzten 2 Abenden vor der Entlassung war sie zum Zeitpunkt der „Spritzengabe“ nicht im Zimmer. Das hat sie uns Kindern noch berichtet. Nach Haus ging es einen Abend früher als geplant, das Bett wurde gebraucht. Nach der Verabschiedung am Morgen vor der Arbeit, fand man sie mittags, schon einige Zeit verstorben. Der Notarzt diagnostizierte eine Lungenarterienembolie.
Die Frage ist, ob das Pflegepersonal nicht vielleicht hätte nachkommen sollen mit dem Spritzen?
Oder ob so zwei Tage nichts ausmachen. Jedoch hab ich gelesen, dass gerade adipöse Patienten besonders lange so eine Prophylaxe benötigen. Fast 6 Wochen waren ja schon rum seit der OP.
Ist das Deutsche Gesundheitssystem noch zu retten?
Das ist oft genug versucht worden.
Seit Jahrzehnten folgt eine Gesundheitsreform nach der Anderen. Politiker aller Parteien beißen sich regelmäßig die Zähne daran aus und noch kein Gesundheitminister hat es geschaft, sich dauerhaft die Sympathien von Ärzten, (potentiellen) Patienten und Krankenkassenbeitragszahlern zu sichern.
Dabei sind die Probleme seit langem bekannt:
Das deutsche System ist kompliziert, bürokratisch und getrieben von zahllosen Partikularinteressen.
Und die Lösung wäre: Bürokratie abbauen, die ganze Sache irgendwie einfacher machen und versuchen, die Partikularinteressenten an einen Tisch zu bringen.
Aber das ist eben nicht so einfach.
So wundert es auch nicht, wenn die Antwort auf die obige Frage ein klares „Nein“ ist, zumindest wenn man einer Ärzte-Umfrage der CompuGroup Medical (das ist die Firma, welche die Computersysteme für Arztpraxen herstellt) glauben mag.
Und die Antwort:
Am besten alles so lassen wie bisher.
Besser wird’s dann zwar nicht, aber man kann halt weiter jammern.
Was Patienten wirklich wollen…
Also, eigentlich ist es ja gar keine schlechte Idee, die Patienten nach ihrer Meinung zu fragen. Was wollen sie denn eigentlich wirklich?
- Fernseher im Zimmer mit mindestens siebenundzwanzig Programmen, inklusive drei Pornokanälen?
- Von Spitzenköchen zubereitete Drei-Sterne-Menüs oder lieber jeden Tag Schiessbörgers mit Pommes und vieel Ketschapp dreifach Majo? Oder lieber Eisbein mit Sauerkraut?
- Vollbusige – bevorzugt blonde – Krankenschwestern, welche auch zu… na ja, also gewissen anderen Dienstleistungen zur Verfügung stehen?
- Sofortige Aufhebung aller Rauchverbote und Zigarettenautomaten auf jeder Station? (unten im Kiosk in der Eingangshallen konnte man sich immer schon mit Zichten, Fluppen und Glimmstängeln aller Art eindecken. Mit Bier, Eierlikör und Klosterfrau Melissengeist übrigens auch)
- Und von uns Ärzten: Routinemäßige Verordnung von Massagen (aller Art) sowie Kristall- und Aromatherapie und Psychovoodoohokuspokus?
Oder halt doch etwas ganz anderes?
Ich glaube nämlich, die meisten – nicht alle – Patienten sind in Wirklichkeit gar nicht so blöd, wie wir denken…