Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Arzt-Karrieren: das Brainstorming

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So, liebe Kollegen,
…es ist mal wieder Zeit für ein leckeres Tässchen Kaffee und die nächste Folge von dem Onkel Medizynicus sein Karriereseminar. Also, fangen wir mal an. Was gibt’s denn da so alles im Angebot? Machen wir mal ein kleines Brainstorming: Wo könntet, wo wolltet Ihr in zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren sein, was habt Ihr für Möglichkeiten:

  • Chefarzt – Schön für Dich, wenn Du ein echtes High Potential bist. Noten sind vielleicht nicht ganz so wichtig, aber Du solltest mindestens einen Doktortitel haben und vielleicht ein paar wissenschaftliche Veröffentlichungen vorzuweisen haben. Worum es da geht, ist nebensächlich, die Leute, die über Deine Einstellung zu entscheiden haben, haben davon vermutlich sowieso keine Ahnung. Wichtig sind möglichst viele Zeugnisse über irgendwelche tollen Qualifikationen: Facharzt ist obligatorisch, doppelter Facharzt gerne gesehen, und jede Zusatzbezeichnung willkommen. In Amerika gewesen zu sein eindeutig von Vorteil. Anderes Ausland zählt nicht so. Amerikanisches Examen hingegen schon…. Wie gesagt, Ausnahmen bestätigen die Regel. Und in kleinen Provinzklitschen ist es heutzutage gar nicht mal so schwer wie vor zehn oder zwanzig Jahren. Aber, wie gesagt, eher etwas für die Ehrgeizigeren unter Euch.
  • Oberarzt – …ist doch auch schonmal was. Ganz ohne Ehrgeiz, Fleiß und Zielstrebigkeit geht es nicht. Aber wer die Facharztprüfung geschafft hat, hat heutzutage keine schlechten Karten, einen Oberarztjob zu finden, wenn er sich ein wenig umschaut und ein wenig flexibel ist. Als Oberarzt ist man in einer klassischen Sandwichposition: Dem Chef gegenüber sollte man loyal sein (nicht unbedingt devot – diese Art Chefs gibt’s zwar auch noch, aber es gibt zunehmend auch Andere), und den Stationsärzten gegenüber kollegialer Vorgesetzter. Nicht ganz einfach. Und Leistungsträger sollte man auch noch sein.
  • Altassistentz – War früher der klassische Looser-Posten, aber klingt fieser als es ist. Darauf kommen wir noch zu sprechen!
  • Niederlassung – Ist auch ein Riesenthema, kommen wir noch drauf zu sprechen. Unterscheiden muss man zwischen:
    • Niederlassung als Facharzt – der klassische Job für Oberärzte, die keine Chefs werden.
    • Niederlassung als Hausarzt – das sind oft Leute, die immer schon Hausarzt werden wollten. Kommen wir auch noch drauf zu sprechen!
  • Außenseiterfächer – zum Beispiel Psychosomatik, Rehakliniken, Palliativmedizin, Arbeitsmedizin, Psychotherapie – hat man meist nicht auf dem Schirm, wenn man frisch von der Uni kommt, weil man sich da oft wenig drunter vorstellen kann. Kann aber echt eine spannende Karriere-Alternative sein
  • Aussteigen – …also aus der direkten Patientenversorgung. Zum Beispiel ins Gesundheitsamt, MDK, Öffentliches Gesundheitswesen, in die (Pharma-) Industrie, Firmen, Medizinjournalismus und was es sonst noch alles gibt…. kann spannend sein, ich komme noch drauf zu sprechen!
  • Auswandern – Tja, für viele von Euch vielleicht DIE Alternative. Aber wohin?
    • Schweiz – Geographisch das Nächstliegende. Vorteil: Schönes Land, viel Geld, angenehmeres Arbeitsklima. Nachteile: hohe Lebenskosten, und man bleibt sein Leben lang so gerade geduldeter Ausländer…. die Schweizer sind nicht einfach (Kollege Dienstarzt kann Euch mehr dazu erzählen!)
    • Schweden – Vorteil: Geregelte Arbeitszeiten, gutes kollegiales Arbeitsklima, schönes Land. Nachteile: der lange dunkle Winter, hohe Lebenshaltungskosten, Sprache
    • Norwegen – Vorteile und Nachteile: Wie Schweden, noch schöneres Land, noch dunklere Winter, noch mehr Geld, noch höhere Lebenshaltungskosten
    • England – Vorteile: Angenehmes, kollegiales Arbeitsklima, gute Weiterbildungsstrukturen, verständliche Sprache. Nachteile: Stellen zunehmend schwieriger zu finden. Viel Arbeit!
    • Australien, Neuseeland – Vorteile und Nachteile: Wie England, nur weiter weg, mehr Exotik, schwierig reinzukommen wenn man nicht vorher in England oder Amerika war
    • Amerika, also USA – wohl DAS Traumziel für Leute, die Karriere machen wollen. Vorteil: macht sich gut im Lebenslauf. Nachteil: das amerikanische Examen (USMLE) ist nicht einfach. Und dann muss man einen Job finden und konkurriert da natürlich mit den ehrgeizigsten Kollegen der ganzen Welt, die alle in die USA wollen. Wenn man dann einen Arbeitsplatz gefunden hat, dann muss man auch arbeiten: nicht vierzig, eher sechzig, siebzig, achtzig Stunden pro Woche. Und Urlaub? Zehn Tage im Jahr sind schon Luxus!

….hab ich noch was vergessen? Wie gesagt, Details gib’s später….

Written by medizynicus

21. November 2014 um 08:47

Veröffentlicht in Nachdenkereien

6 Antworten

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  1. „Worum es da geht, ist nebensächlich, die Leute, die über Deine Einstellung zu entscheiden haben, haben davon vermutlich sowieso keine Ahnung“- jetzt stimmt’s.

    Liebe Grüße

    Andrea

    Andrea

    21. November 2014 at 21:38

  2. @Andrea – danke, schon korrigiert!

    medizynicus

    21. November 2014 at 22:07

  3. Danke für die schöne Zusammenfassung, ergänzend vielleicht noch: Wechsel in die Gesundheitsökonomie wie ärztlicher Geschäftsführer eines Krankenhauses, einer Klinikkette oder eines Arbeitsbereiches eines Krankenhauses. Oder Projektplanung für eine (inter)nationale Gesundheitsorganisation…

    Alexander

    3. Dezember 2014 at 10:59

  4. Vielen Dank für die super Zusammenfassung bzw. das Brainstorming zum Thema „Ärzte“ und Karriere. Mir gefällt auch, das alle Position mal kritisch durchleuchtet werden. Man sollte sich auch vor Augen führen, das etwa ein Chefarzt nochmal mehr arbeiten muss als eine andere Arzt Position. Ich fände es noch toll, wenn ein paar Worte zum Thema Kinderarzt und Frauenarzt fallen würden.

    Paul

    4. Dezember 2014 at 00:42

  5. Super, bitte weitermachen! Hoffentlich vergisst du folgende Nebenpersonen nicht: der Honorararzt- im Krankenhaus oft kritisch beäugt. Und last but not least: die Medizinstudenten!

    Mechthild

    15. Dezember 2014 at 19:38

  6. Hey lieber Medizynicus!

    Ich will jetzt nicht wie die Fands von George R.R. Martin mit dem Finger auf Dich zeigen und schreien: „Mach endlich hinne ich will lesen wie es weitergeht! DU HAST EINE VERPFLICHTUNG! Diener der Leser! Wer weiß… nachher schreibst Du es nie zuende!“

    Aber in der Hoffnung, dass der echte (wahrscheinlich viel beschäftigte) Medizynicus meinen Kommentar liest: Ich würde mich sehr freuen, wenn Du deine Brainstorming Liste fortführst und der Artikel zum Chefarztposten nicht der einzige bleiben würde.

    Beste Grüße!

    Christoph

    13. Mai 2015 at 14:39


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