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Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

Wer hat das erste Herz transplantiert? Eine sehr südafrikanische Geschichte – und was wir daraus lernen können

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Im Dezember 1967 wurde in Kapstadt einem 55jährigem Gemüsehändler das Herz einer jungen Frau implantiert, die kurz zuvor an einem Verkehrsunfall verstorben war. Der Chirurg Christiaan Barnard wurde schlagartig weltberühmt und er hat seinen Ruhm genossen: Er trat im Fernsehen auf, trieb sich auf den angenagtesten Jet-Set Partys herum, hatte Affären mit Starlets, ließ sich feiern, wurde vom Papst empfangen und gilt auch heute noch als zweitgrößter Volksheld Südafrikas, nach Nelson Mandela.
Aber kein Chirurg kann eine derartig komplizierte Operation alleine durchführen. Christiaan Barnard brauchte ein gutes Team.
Wer also hatte ihm geholfen?
Und gab es da nicht Gerüchte, dass Barnard an Rheumatoider Arthritis litt und dadurch in seiner manuellen Geschicklichkeit deutlich eingeschränkt war?
Es gibt Photos von Barnard’s Team, auf denen ganz im Hintergrund ein unauffälliger Mann zu sehen ist. Ein Mann mit schwarzer Hautfarbe. Fragte man den großen Chirurgen nach diesem Mann, so erhielt man ausweichende Antworten. Irgend so eine Putzhilfe, sei das.
Der unauffällige Schwarze Mann im Hintergrund hieß Hamilton Naki.
Offiziell war er als Gärtner angestellt.
Aber er war weder Gärtner noch Putzhilfe. Seine Mitarbeit in Barnards Transplantationsteam musste streng geheim bleiben, denn Menschen schwarzer Hautfarbe durften damals niemals, auf gar keinen Fall an der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit weißer Hautfarbe mitwirken. Das war damals so im Südafrika zur Zeit der Apartheid.
Hamilton Naki hatte seine Schullaufbahn mit vierzehn Jahren abbrechen müssen. Ehrgeizig und intelligent war er aus der Provinz nach Kapstadt getrampt und hatte sich einen Job gesucht. So war er schließlich im Krankenhaus gelandet. Im Tierversuchslabor hatte er seine Fingerfertigkeit und sein chirurgisches Geschick beweisen können, hatte für mehrere Wissenschaftler gearbeitet und war schließlich auch Christiaan Barnard aufgefallen, der ihn in sein Team aufgenommen hat.
Hamilton Naki behauptete, auch bei der ersten Herztransplantation nicht nur anwesend gewesen zu sein, sondern das Spenderherz präpariert und damit den technisch schwierigsten Teil der Operation übernommen zu haben. Das wird zwar inzwischen bezweifelt, aber Tatsache ist, dass Naki ein begnadeter Chirurg hätte werden können, wenn er die Gelegenheit gehabt hätte, Medizin studierten zu dürfen.
So aber hat er wohl nur an Versuchstieren operiert – hat hier aber neue Operationsmethoden entwickelt und Ärzte ausgebildet.
Kurz vor seinem Tod hat man ihm deshalb die Ehrendoktorwürde verliehen. Da war er aber längst im Ruhestand zurück in der tiefsten Provinz und lebte von einer Rente von ein paar hundert Dollar.

Was wir daraus lernen können?

Erstens: Medizin ist immer Teamwork. Auch Star-Chirurgen sind keine Einzelkämpfer
Zweitens: Ein Studium ist nicht Alles. Auch Leute ohne Schulabschluss können hochqualifizierte und unverzichtbare Arbeit leisten

Written by medizynicus

10. November 2014 um 05:40

3 Antworten

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  1. Wie schön Dein letzter Absatz doch ist unwiederbringlich recht Du damit hast 🙂

    Schmetterlingsfamilie

    10. November 2014 at 07:26

  2. Wenn man das liest, werde ich schon wieder richtig wütend über so viel Ungerechtigkeit 😦

    jezabelbotanica

    10. November 2014 at 10:14

  3. Chirurgie ist Handwerk. Operieren lernt man nicht an der Uni – das ist Learning by doing. Und der Witz mit dem Chirurgen, der zwar nichts weiß, aber alles kann, ist nicht sooo weit hergeholt. Und das meine ich jetzt nicht abwertend!

    Antje

    11. November 2014 at 17:20


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