Medizynicus Arzt Blog

Krankenhausalltag in der Provinz: Medizin und Satire, Ethik und Gesundheitspolitik

glückliche Ärzte

with 17 comments

Dass manche Ärzte unglücklich sind, ist hinlänglich bekannt. Aber was ist mit den Anderen? Gibt es glückliche Ärzte?
Klar gibt’s die. Einige von ihnen bloggen sogar. Als da wären:

  • Josephine-Chaos: glückliche Familienmutter und Gynäkologin mit Teilzeit-Beschäftigungsvertrag
  • Aufschneiderin Avialle: jung und optimistisch mit klarem Ziel vor Augen
  • Patrick „Hell im Hals“: nach Schweden ausgewandert – dort gibt’s zwar deutlich weniger Geld als in Deutschland (gemessen an der Kaufkraft), aber wesentlich bessere Arbeitsbedingungen.
  • Holzhammer-Kormak: hat sein Schicksal selbst in die Hand genommen, als Honorararzt, selbstbestimmt, auf eigenes Risiko. Seither sieht er den alltäglichen Wahnsinn viel lockerer.
  • Und dann gibt es noch den Anderen Hausarzt. Auch er wirkt zufrieden.

Diese Kolleginenn und Kollegen sind so unterschiedlich wie es unterschiedlicher nicht sein könnte. Und doch haben sie etwas gemeinsam. Gibt es also so etwas wie ein Rezept zum Glücklichsein?
Vielleicht. Was braucht man dazu?
Zunächst einen Job, der einem Spaß macht. Wer nur deshalb Medizin studiert hat, weil er halt einen entsprechend guten NC hatte oder weil das „in der Familie so üblich war“, sollte sich früh genug eine entsprechende Nische suchen, die den eigenen Neigungen entspricht (Und solche Nischen gibt es!). Wer sich seinen Studienplatz gegen Widerstände hinweg erkämpft und das Studium unter schwierigen Bedingungen durchgezogen hat mit einem klaren Ziel vor Augen hat hingegen gute Karten.
Und dann braucht man einen Job, der einem Luft zum Leben läßt: Stressige Dienste machen mir (zumindest manchmal) richtig Spaß – tödlich hingegen ist der Tag danach, wenn man mit dunkeln Augenringen weiterarbeiten muss. Und noch tödlicher ist es, wenn man wegen ständiger Dienstbelastung keine Zeit für Privatleben und nichtmedizinische Hobbies hat (zum Beispiel Bloggen). Also: Teilzeit-Verträge aushandeln, wenn irgendwie möglich. Oder zumindest auf die Einhaltung der Arbeitszeitrichtlinien achten.
Wichtig ist das Gefühl, halbwegs das Heft in der Hand zu haben und nicht Sklave der Umstände zu sein. Wer es geschafft hat, in eine Leitungsposition aufzusteigen ist zufriedener als jemand, der sein Leben lang der „Ewige Zweite“ ist.
Ach ja, und dann ist da noch das liebe Geld… aber das ist wieder ein ganz anderes Thema…

Written by medizynicus

29. September 2010 um 06:33

Veröffentlicht in Nachdenkereien

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17 Antworten

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  1. „Arzten“ macht Spaß und (wenn erfolgreich und anerkannt) auch glücklich. Unglücklich macht, wenn man sich gebunden oder verschuldet hat, finanziell oder (noch schlimmer) emotional oder moralisch – und die Gegenseite dies ausnutzt, um die Honorierung zu drücken.

    Hier liegt der Grund, warum so viele Ärzte tief unglücklich sind, ihren Beruf aber trotzdem nicht ändern wollen, ja sogar unglücklich sind/bleiben, wenn sie ihn zwangsweise geändert haben.

    der Landarsch

    29. September 2010 at 08:17

  2. Ich habe einen Teilzeitvertrag ausgehandelt. Auf’s Geld verzichte ich gern, wenn dabei mehr Lebensqualität herausspringt. Beruflich brauche ich das Gefühl von Selbstbestimmung. Hamsterräder sind nix für mich.

    docangel

    29. September 2010 at 08:48

  3. Wo liegen denn die Nischen für die, die aus den erstgenannten Gründen Medizin studiert haben?

    Stefan

    29. September 2010 at 12:49

  4. @Stefan: Forschung, Pharmaindustrie, Unternehmensberatung, nicht klinische Fächer wie z.b. Labormedizin oder auch Pathologie – Möglichkeiten gibt es genug, man muss nur wissen, wo man die Prioritäten setzen will…

    medizynicus

    29. September 2010 at 12:56

  5. Aber so richtig glücklich! Und wie!
    Das mit der Kohle stimmt übrigens nicht, ich verdiene hier das Gleiche wie in Deutschland, als Facharzt wird es deutlich über dem liegen was ein Jung-FA in .de bekommt. Manche Dinge sind hier teurer, manche billiger, insgesamt hält es sich die Waage denke ich.

    Patrick

    29. September 2010 at 13:30

  6. Sympathischer Beitrag. V.a. angesichts der auch existierenden notorischen Ich-bin-Arzt-und-verdiene-nahezu-nichts-und-die-Welt-ist-so-böse Nörgelblogs. Wohltuende Gegensicht. 🙂

    antagonistin

    29. September 2010 at 15:57

  7. Ich wirke nicht nur zufrieden, ich bin es tatsächlich.
    1. Der Verdienst reicht für ein sehr gutes Leben. Wenn man nicht gerade Wahnsinns-Ansprüche hat.
    2. In langen Jahren als Hausarzt habe ich ein sehr gutes bis überragendes Verhältnis zu meinen Patienten aufgebaut. Die allerwenigsten sind mir eine Last und je länger ich im Beruf arbeite, um so mehr Empathie bin ich in der Lage zu vermitteln und zu empfinden. Das entscheidende Motto, in Momenten von Ärger und Frust, klaue ich mir immer wieder aus dem House of God: Der Patient ist der Kranke.
    3. Blogge ich
    4. Schaffe ich es jeden Tag mindestens einmal, dem System ein Schnippchen zu schlagen, und wenn es nur das genüssliche Zerreißen oder Umstapeln einer Krankenkassenanfrage ist
    5. Darüber hinaus wurde unter meiner nicht unmaßgeblichen Beteiligung ein große Praxis aufgebaut, in deren Tagesablauf täglich Dutzende Konsile laufen. Die sind zwar for nothing, aber tun gut, gerade im Austausch von Alt-und Jungärzten. Und keiner der 6 Ärzte fährt Mercedes oder BMW. Golf o.ä. ist angesagt.
    6. Ich kann nur jedem Arzt raten, etwas in Eigenregie aufzubauen. Es lohnt sich, sein eigenes Ding zu machen, auch wenn es am Anfang Nerven und Geld kostet. Mich würde keine Armee Soldaten mehr in eine Anstellung zwingen können, weder als Oberarzt noch als Chef. Ich will mein eigener Herr sein, unter anderem dafür habe ich studiert.

    In diesem Sinne ein Gruß an alle Kollegen, besonders an Medizynicus, der immer wieder gute Artikelideen hat.
    Der andere Hausarzt

    der andere Hausarzt

    29. September 2010 at 20:14

  8. Dem anderen Hausarzt muss ich in allen Punkten zustimmen, das klingt wirklich nach massig Gründen glücklich zu sein.
    Nur hatte er nicht doch gehofft, nach gut 6 Jahren Studium und noch einigen weiteren für den Facharzt, doch BMW oder ähnliches Fahren zu können?

    Max

    29. September 2010 at 23:26

  9. Ob man als „angestellter KV- Arzt“ sein eigener Herr ist, wage ich zu bezweifeln…

    docangel

    30. September 2010 at 07:20

  10. Interessant, dass es anscheinend keine Vollzeit arbeitenden glückliche Ärzte gibt (die darüber bloggen).
    @der andere Hausarzt: „in deren Tagesablauf täglich Dutzende Konsile laufen. Die sind zwar for nothing, aber tun gut“ Kommt man nicht irgendwann auf die Idee, dass die eigene Arbeit vielleicht auch mal bezahlt werden sollte?

    Malte Diedrich

    30. September 2010 at 10:30

  11. @ Malte: also ich arbeite Vollzeit, machmal sogar mehr und bin sehr glücklich (s.o.). Aber ich bekomme auch jede Sekunde Mehrarbeit voll bezahlt…

    Patrick

    30. September 2010 at 11:08

  12. @Patrick Klar, bei dir stimmts ja auch. Aber kennst du nen glücklichen angestellten (bloggenden) Klinikarzt?

    Malte Diedrich

    30. September 2010 at 11:11

  13. Ich bin angestellt, blogge und bin glücklich 🙂 .

    Klar gibt´s mal blöde Tage und gerade aktuell wird´s personaltechnisch bei uns wieder arg knapp, aber dafür ist der Anlass ein Glücklicher, ich habe tolle Kollegen, liebe Schwestern und nette Oberärzte. Die Patienten sind sowieso zumeist außerhalb jeder Diskussion und ohne nervige Eltern wär´s doch auch nur halb so schön.

    Im großen und ganzen habe ich den tollsten Job der Welt – und ja, bin glücklich damit 🙂 .

    Sophie

    30. September 2010 at 12:10

  14. Glückwunsch, Sophie. (Und etwas Neid 🙂 )

    Malte Diedrich

    30. September 2010 at 14:01

  15. […] Medizynikus hat mich zu Recht zu den „glücklichen Ärzten“ gerechnet und der Aussage von Josephine schliesse ich mich an: Hier bin ich und hier will […]

  16. Liebe glückliche Kollegen, ich missgönne Euch keinesfalls Euer Glück und ich will Euch wirklich nicht beleidigen, wenn ich Euch vorsichtig darauf hinweisen möchte, dass das Gefühl des Glücks subjektiv ist und Euch sind – erfahren wie Ihr seid – sicher auch schon mental retardierte Patienten untergekommen, die mit ihrer Umgebung glücklicher und zufriedener als ihre Altersgenossen waren.

    Ja und ich will noch einen drauf setzen! Auch ich bin glücklich und zufrieden mit meiner Familie, meiner Arbeit und dem, was ich erreicht habe, aber ich bin total unzufrieden mit dem System, welches die Knechtschaft der DDR wiederhergestellt hat, wo wir doch schon so glücklich über die gewonnene Freiheit waren. Hätte ich gewusst, dass die alte DDR zurück kommt, ich wäre nach der Wende in den USA und damit auch in diesem Punkte glücklich geblieben.

    Kamhameha

    22. Oktober 2010 at 19:27

  17. Die Freiheit, die man nie hatte, kann man auch nicht vermissen.

    Kamhameha

    22. Oktober 2010 at 19:30


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