darf man sich in eine Patientin verlieben?
Zehn Uhr abends am Feiertag.
Der Dienst ist bislang ruhig geblieben. Ab und zu mal eine Aufnahme, ab und zu mal eine Kleinigkeit in der Ambulanz, dann Braunülen legen und der übliche Kram auf Station.
Jetzt sitzt Medizynicus im Arztzimmer, tut so als ob er Briefe diktieren würde und surft nebenbei ein wenig im Netz.
Es klopft an der Tür.
Frau D. steht davor.
„Kann ich reinkommen?“
„Moment, ich hole eben die Krankenakte…“
„Die brauchst Du… ähem, die brauchen Sie nicht!“
Frau D. ist sechsundzwanzig Jahre alt. Sie studiert Romanistik und arbeitet nebenbei als Stewardess. Irgendwo in Timbuktu oder so ist sie auf der Gangway ausgerutscht und hat sich den Fuß gebrochen. Dummerweise hat dann da in Timbuktu erstmal irgendso ein örtlicher Kurpfuscher an dem Fuß herumgebastelt und der hat die Sache ziemlich vermasselt.
Als er mit dem Vermasseln fertig war, hat er dafür gesorgt, dass Frau D. wieder zurück nach Europa geflogen wurde und jetzt liegt sie im heimatnahen Krankenhaus Bad Dingenskirchen seit drei Wochen auf der Chirurgie. Unser Chef hat sie mehrfach operiert. Die Fraktur war ziemlich kompliziert und Frau D. war zwischenzeitlich ziemlich frustriert wegen der Sache.
„Wie kann ich Ihnen helfen?“
Frau D. schaut sich etwas hilflos um und setzt sich dann. Sie ist eher zierlich gebaut, dunkelblond, klasse Figur und hat wunderschöne Augen.
Sie lächelt etwas verlegen.
„Ich… ich werde morgen entlassen!“
„Das freut mich für Sie.“
Nee, das freut mich gar nicht, will ich sagen, Du sollst hier bleiben, am besten für immer.
„Ich wollte mich nur verabschieden.“
„Danke.“
Vor zweieinhalb Wochen sind wir uns zum ersten Mal begegnet.
In der Cafeteria. Die wird bekanntlich von Patienten und Personal gleichermaßen genutzt. Frau D. stand vor mir in der Schlange und wusste nicht, wie die Salatbar funktionierte. Ich habe es ihr gezeigt und sie hat sich bedankt und dabei ganz süß gelächelt. Ein paar Tage später habe ich sie wiedergetroffen.
Ich hatte Dienst und sie hatte mich gefragt, ob ich sie am Abend für zwei Stunden beurlauben kann.
„Aber nur, wenn Sie unterschreiben, daß Sie auf eigenes Risiko…“
„Mach ich doch, selbstverständlich.“
Lächelnd hat sie den entsprechenden Wisch unterschrieben.
„Was haben Sie denn vor?“ habe ich gefragt.
„Ins Kino. Magst Du mitkommen?“
Ich bin knallrot geworden.
„Äh… hab leider Dienst, wie Du.. wie Sie sehen!“
„Dann morgen vielleicht?“
„Dann kennst Du den Film ja schon!“
Sie hat abermals gelacht und ihr Lachen klang wirklich süß.
Und morgen wird sie also entlassen.
Wir schweigen. Irgendwie wissen wir beide nicht, was wir sagen sollen.
„Und wann geht’s wieder nach Timbuktu?“ frage ich.
Sie lacht.
„Kommst Du mit auf den Balkon eine rauchen?“
„Ich rauche nicht.“
„Ich auch nicht. Aber wir können ja trotzdem auf den Balkon.“
Dann stehen wir beide auf dem Balkon. Es ist eine wunderschöne Spätfrühlingsfrühsommernacht. Sternklar und alles was dazugehört. Ich spüre sie neben mir, ich rieche ihr Parfum…
Und dann geht der Piepser.
Ich gebe ihr die Hand.
„Also… dann noch alles Gute.“
Sie drückt mir einen Zettel in die Hand.
„Meine Handynummer. Nur falls….“
„Danke!“ sage ich und drücke ihre Hand. Lieber würde ich sie jetzt umarmen, aber…
„Nochmal danke… vielleicht… vielleicht sehen wir uns ja nochmal.“
…und hier die Fortsetzung der Geschichte:
- Die Sache mit der Stewardess
- Dank für die Rückmeldungen!
- Die Geschichte von Robert
- Die Stewardess, Robert und all die Anderen
- Kleine Nachdenkerei zwischendurch
- Jetzt wirds ernst: Literaturhinweise zum Thema: „Sexuelle Beziehungen zwischen Arzt und Patienten“
- Sexuelle Belästigung: Die Geschichte von Wilfried
- Sexuelle Belästigung – oder auch nicht
- Die Geschichte vom einsamen Hausarzt Dr. MacButterbread – Erster Teil
- Die Geschichte vom einsamen Hausarzt Dr. MacButterbread – Happy End
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Written by medizynicus
11. Juni 2009 um 22:11
Veröffentlicht in Alltagswahnsinn, Gewissensbisse
29 Antworten
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Ein Grund, das Rauchen anzufangen …
chefarzt
11. Juni 2009 at 22:18
*seufz* Ja wie ist das denn so wenn man sich so kennenlernt? Gibts da moralische Bedenken? Ich meine wenn die Behandlung abgeschlossen ist sollte das doch kein Problem sein oder?
krankeschwester
11. Juni 2009 at 22:21
Ist doch super. Anrufen!
Malte Diedrich
11. Juni 2009 at 22:21
wenn das jemand erfährt, wäre es mit 100%iger sicherheit ein gefundenes regionales medienereignis!
also wenn man das richtig schön hochpuschen würde…
dann ist da noch evtl. die frage mit dem altersunterschied
wenn das ein hindernis ist, ist es wirklich sehr schade drum!
Viel Glück =)
kaeks
11. Juni 2009 at 22:25
Momentmal…. woher weisst denn Du, wie alt ich bin????
medizynicus
11. Juni 2009 at 22:44
naja… mediziner sind in der regel (!) nicht um die 26, oder? einfach mal geraten oO
über oder unter 30?^^
kaeks
11. Juni 2009 at 22:46
Sagichnicht! Sagichnicht! Aber nur mal zum Nachrechnen: Abi mit neunzehn (vielleicht auch mit Achtzehn), kein Wehr- oder Zivildienst dienst wenn man Glück hat, sechs Jahre Studium… mit viel Glück kann, oder sagen wir „könnte“ man mit vierundzwanzig fertig sein. Obwohl das eher Theorie ist….
medizynicus
11. Juni 2009 at 22:55
hehe
In der Theorie sind ja auch alle Patienten krank, oder? (ich weiß, der war miserabel… ist ja auch schon spät)
Gute Nacht euch allen!
kaeks
11. Juni 2009 at 22:58
Na klar, also mit 18 Abitur, mit 24 Jahren fertig… Und dann noch zwei Jahre Blog, ein Buch von 88 Seiten geschrieben.
Ok, 34 dürfte so etwa hinkommen.
„Wir schweigen. Irgendwie wissen wir beide nicht, was wir sagen sollen.“
Komisch, ich dachte, das passiert erst später in einer Beziehung.
*Und duck und weg*
Günter Schütte
11. Juni 2009 at 23:38
…und dabei hast Du mein Buch doch gar nicht gelesen, wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe 🙂
medizynicus
12. Juni 2009 at 08:08
Auch Ärzte sind Menschen und haben genau wie andere das Bedürfnis nach Nähe und Zuneigung …
Es ist schon schwer genug als Medizinmann oder -frau bei diesen (Ironie on) regelmäßigen Arbeitszeiten (Ironie off) einen Partner zu finden (ich spreche da aus eigener Erfahrung).
Und wenn sie keine Patientin mehr ist…
… und du sie nett findest…
… man kann sich ja mal vorsichtig rantasten 😉
Viel Erfolg dabei!
P.S. Ich habe dein Buch übrigens auch gelesen. Hätte auch in meinem Ausbildungskrankenhaus sein können 😉
Maia
12. Juni 2009 at 09:21
Was spricht dagegen sich in eine Ex-Patientin zu verlieben? Man muß alles immer nur so auslegen wie es einem passt, dann geht das schon. Musst nur ab und zu mal Bundestags-TV guggen, da lernt man sowas. ^^
Denis
12. Juni 2009 at 11:00
a) Gegenfrage: darf sich ein Patient in einen Doktor verlieben? Der ist doch für alle da!!!
b) auch wenn diese Liebe zwischen männlichen Patienten und Krankenschwestern fast immer schief gehen, greif zu – Alter her oder hin – das Leben ist viel zu kurz für falsche Moral!
der Landarsch
12. Juni 2009 at 11:11
Wieso Bundestags-TV?
medizynicus
12. Juni 2009 at 11:25
Da lernt man am besten Dinge so zu formulieren das sie sich irgendwie schlüssig anhören, auch wenn sie weit davon entfernt sind. Und vor allem das dann auch in aller Inbrunst nach außen zu kommunizieren. 😉
Denis
12. Juni 2009 at 11:33
[…] Als Stewardess hat man es leichter, an alle schönen Orte dieser Welt zu kommen. Ja richtig, genau diese Stewardess hat mir geschrieben, die nette junge Dame, die vor einer Weile mit einem gebrochenen Fuß hier in […]
Liebe und zwischen Arzt und Patientin: Eine Postkarte aus Timbuktu « Medizynicus
23. Juni 2009 at 13:18
Lass sie nicht so einfach gehen, das Leben ist zu kurz! Und theoretisch könntest du sie auch im Flieger kennengelernt haben.
Ps. Man kann früh fertig sein, ich sprech da aus erfehrung
Medizinstudent
18. Juli 2009 at 23:59
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1. Dezember 2009 at 15:58
[…] darf man sich in eine Patientin verlieben? – 40 Stimmen […]
Felix » Blog Archi » Finale der weltbesten Blogartikel 2009
1. Dezember 2009 at 20:32
[…] darf man sich in eine Patientin verlieben (40) […]
Finale zur "Wahl des weltbesten Blogartikel 2009" | Das Lebens-Stil Blog
2. Dezember 2009 at 09:20
[…] man schnuckelige patienten auf face – „…book“ nehme ich mal an… hmmm, medizynicus hat sich da länger mit beschäftigt, muss jeder selbst […]
Wer suchet, der findet… (V) « Es wird mal kurz hell im Hals…
17. Oktober 2010 at 11:07
Alles gelassen sehen. Sobalds das Präfix EX vor die Patientin kommt, ist sie zum Abschuß freigegeben.
In meinem (zugegeben großen) Bekanntenkreis haben einige „ihren“ Arzt geheiratet.
Eine sogar ihren Notarzt, der in ihr erstmal nur einen interessanten Fall sah (wann darf man schonmal jemanden notverarzten, der vom Blitz getroffen wurde?)
Zero the Hero
29. Mai 2011 at 14:09
Ich bin zwar kein Arzt sondern nur Masseur, med. Bademeister bin 22 und hatte jetzt eine Woche eine Massage Patientin in einem 3 Bett zimmer mit 2 älteren Damen und dann kam am Dienstag eine neue dazu 19 Jahre und unglaublich hübsch! Und das auch noch nach ihrer op das will ja schon was heißen ;D.. sie ist auch immer total nett zu mir gewesen obwohl sie nicht meine Patientin war haben recht viel geredet habe ihr ihr Bett eingestellt und wir haben uns jeden Tag unzerhalten nun wird sie am Sonntag entlassen… da es ein 3 Bett zimmer ist und sie durch die op im Bett bleiben muss waren wir nie alleine und Konten nie auch nur email Adressen tauschen …
Anonymität
29. März 2013 at 19:48
Also mir geht es jetzt so, ich habe mich in meinem chirurg verliebt, auf den zweiten blick… das heisst nach der zweiten op. ich weiss nicht, ich hab das gefühl, dass er mit mir in meinem unterbewusstsein was gemacht hat. ich bin aus der narkose erwacht, dann war ich verliebt, so knall auf fall….. komisch gell. nach 2 tagen wurde ich entlassen, ich schau auf facebook und ich habe ihn gefunden, ihm eine anfrage geschickt, aber noch keine antwort erhalten… ich habe gleich meine wahrsagerin angerufen, auf die ich mich zu 100 % verlassen kann. die sagte, solange ich bei ihm in behandlung bin, wird das nix, aber sobald die behandlung in 3 wochen beendet ist, werden wir erst auf facebook kommunizieren. ich bin froh dass es facebook gibt und er angemeldet ist….
Frieda
15. Februar 2017 at 22:20